Soldaten im Bundestag

Soldaten im Bundestag

16.01.2015

Pro und contra Einsätze in Irak und Türkei im Bundestag

Der neue Irak-Einsatz von bis zu 100 Soldatinnen und Soldaten und die Verlängerung von Active Fence Turkey haben den Bundestag erreicht.

Bei der Mission im Nordirak war die Rollenverteilung erneut klar: Die Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD betonten die Sinnhaftigkeit des Einsatzes zur Unterstützung der kurdischen Peschmerga-Miliz im Nordirak gegen den so genannten Islamischen Staat IS.

Ministerin Ursula von der Leyen sagte zur bisherigen Hilfe: „„Das hat nicht nur viele Menschenleben gerettet, sondern das hat auch den Mut und die Zuversicht der Peschmerga gehoben, IS tatsächlich standhalten zu können.“ Außenminister Frank-Walter Steinmeier verwies auf den doppelten Hilferuf der irakischen Regierung in Bagdad und der Regierung der kurdischen Region Kurdistan-Irak.

Rainer Arnold von der SPD bemühte den verstorbenen ehemaligen Verteidigungsminister Peter Struck. Dessen bekanntes Zitat wandelte Arnold ab: „Deutschlands Sicherheit wird auch im Irak verteidigt“. Florian Hahn (CSU) erinnerte an die schon geleistete Hilfe. Ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen der IS-Kämpfer konnte weit vor den kurdischen Linien durch eine deutsche MILAN-Panzerabwehrwaffe gestoppt werden. Auch ein gelieferter Dingo wurde zwar durch einen Anschlag zerstört, aber die Insassen überlebten. Hahn forderte sogar eine höhere Zahl an zu entsendenden Soldaten.

Die Opposition nannte diesen Einsatz verfassungswidrig. Frithjof Schmidt, stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis‘90/Die Grünen, sah zwar eine völkerrechtliche Grundlage: Die Aufforderung des UN-Sicherheitsrates, der irakischen Regierung im Kampf gegen IS beizustehen, und die Einladung der irakischen Regierung an die Bundesregierung reiche hier aus. Aber für eine verfassungsrechtliche Ermächtigung bedürfe es eines ausdrücklichen Mandats des UN-Sicherheitsrates oder eines vergleichbaren Nato-Beschlusses. Auch der gute Zweck der Mission heilige nicht den Verstoß gegen politische Vorgaben.

Und Alexander Neu von Die Linke nannte die Begründung der Bundesregierung zur Verfassungsmäßigkeit des Einsatzes eine „rechtliche Hilfskonstruktion“. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages stützt diese Ansichten.

Die Beschlussfassung über den Einsatz ist für den 29. oder 30. Januar 2015 vorgesehen.

Danach beriet das Plenum die Verlängerung des im Januar 2013 erstmalig beschlossenen Mandats der NATO-Mission Active Fence Turkey. Die im südtürkischen Kahramanmaras stationierten Patriot-Flugabwehrraketensysteme sollen mit dem bestehenden Aufgabenspektrum und der bereits vorhandenen personellen Obergrenze von 400 Soldatinnen und Soldaten um ein weiteres Jahr verlängert werden. Die Mission dient weiterhin der Bündnisverteidigung und wird nach Bitte der türkischen Regierung mit anderen NATO-Partnern fortgesetzt und schließt damit eine Fähigkeitslücke der türkischen Armee.

In der Bundestagsdebatte stand bei nahezu allen Rednern die geänderte Bedrohungslage in der Region im Mittelpunkt. Etwas auseinander gingen die Einschätzungen über die daraus zu ziehenden Folgen für Active Fence. Sowohl der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung, Ralf Brauksiepe (CDU/CSU) als auch Achim Post von der SPD-Bundestagsfraktion wiesen auf das nach wie vor bestehende Sicherheitsbedürfnis der Türkei hin. „Sowohl die türkische Bevölkerung wie auch die vielen Flüchtlinge haben Solidarität, Sicherheit und Verlässlichkeit verdient“, so Post. Brauksiepe ergänzte, dass es auch um den politischen Willen ginge, einen Bündnispartner dadurch zu unterstützen, indem das Bedrohungspotenzial zerstört wird.

Die Abgeordnete der Fraktion Die Linke, Sevim Dagdelen, äußerte sich kritisch zur der Darstellung des Konfliktes durch die türkische Regierung. Eine Abschreckung der Truppen des Assad-Regimes oder der Kämpfer des Islamischen Staates sei mit „schweren Waffen“ kaum zu erreichen. Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) griff einen wichtigen Aspekt, nicht nur für die in Kahramanmaras eingesetzten Kameradinnen und Kameraden auf, den auch der Deutsche BundeswehrVerband seit Jahren einfordert: Die Regelung, dass Soldaten nach einem viermonatigem Einsatz mindestens 20 Monate Ruhezeit zusteht. Man müsse darauf achten, dass ein solcher Grundsatz bei einer Mandatsverabschiedung durch den Bundestag auch eingehalten wird, so Lindner. Momentan sei das bei einem Drittel der in der Südtürkei eingesetzten Soldatinnen und Soldaten nicht der Fall. Eine Entscheidung über eine Zustimmung zur Mandatsverlängerung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen machte Lindner vom Verlauf der Ausschussberatung abhängig.

Bei beiden Beratungen saß der Bundesvorsitzende, Oberstleutnant André Wüstner, im Bundestag und verfolgte die Aussagen der Abgeordneten mal kritisch, mal zustimmend.

Die Mandatstexte finden Sie hier:

Ausbildungsunterstützung der Sicherheitskräfte der Regierung der Region Kurdistan-Irak und der irakischen Streitkräfte (PDF)
Fortsetzung der Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verstärkung der Integrierten Luftverteidigung der NATO auf Ersuchen der Türkei und auf Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung (PDF)

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