Zehntausende zivile Beschäftigte sind bei der Bundeswehr beschäftigt – viele davon im Verteidigungsministerium. Foto: picture alliance/Joko

11.12.2025
Von Bernd Kaufmann

Neue tarifliche Wahlrechte ab 2026: Was Beschäftigte jetzt wissen müssen

Mit den Tarifabschlüssen 2025 treten zum 1. Januar 2026 zwei wesentliche Neuerungen im Bereich der Arbeitszeit und der Jahressonderzahlung in Kraft. Zum einen besteht künftig die Möglichkeit, die regelmäßige Wochenarbeitszeit freiwillig auf bis zu 42 Stunden anzuheben. Zum anderen wird ein neues Zeit-statt-Geld-Wahlrecht eingeführt, das es Beschäftigten erlaubt, Teile ihrer Jahressonderzahlung in bis zu drei freie Tage umzuwandeln. 

Beide Regelungen richten sich ausschließlich an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und eröffnen neue Spielräume bei der individuellen Arbeitszeitgestaltung. Zugleich stellen sie Dienststellen vor neue Herausforderungen und erfordern eine klare, rechtskonforme Umsetzung. Der DBwV erläutert die wichtigsten Inhalte, bewertet die Neuerungen aus Beschäftigtensicht und gibt Hinweise für die praktische Anwendung.

Freiwillige Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 42 Stunden

Das zentrale Prinzip der neuen Regelung nach § 6 Abs. 1a TVöD ist die doppelte Freiwilligkeit. Beschäftigte können ihre wöchentliche Arbeitszeit befristet erhöhen, der Arbeitgeber kann dem zustimmen, aber weder die eine noch die andere Seite kann dies erzwingen. Beide Parteien dürfen ein Angebot ohne Angabe von Gründen ablehnen. Diese Klarstellung wird in den einschlägigen Rundschreiben des BMI vom 22. Oktober 2025 und des BMVg vom 8. Dezember 2025 ausdrücklich hervorgehoben. 

Ein häufiges Missverständnis betrifft die Zuständigkeit für den Abschluss einer solchen Vereinbarung. Nicht die Personalstelle entscheidet über das Zustandekommen, sondern die Beschäftigungsebene, also die jeweilige Dienststelle oder der Beschäftigungsbereich. Dort wird sowohl festgelegt, ob der Arbeitgeber eine Vereinbarung eingehen möchte, als auch, wie die erhöhte Arbeitszeit auf die Wochentage verteilt wird. Die Personalbearbeitung wird erst danach tätig, indem sie die Entscheidung umsetzt, die Zusatzvereinbarung erstellt und in die Akten aufnimmt. 

Für Beschäftigte gelten mehrere Rahmenbedingungen. Die Möglichkeit der Arbeitszeiterhöhung steht ausschließlich Vollzeitbeschäftigten offen. Eine Vereinbarung kann erst nach sechs Monaten Beschäftigungszeit getroffen werden und ist auf eine maximale Laufzeit von 18 Monaten befristet, wobei Verlängerungen zulässig sind. Erhöhungen können nur in Halbstunden-Schritten vereinbart werden. Eine Kündigung der Vereinbarung ist nur aus wichtigem Grund mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende möglich.

Die zusätzlichen Stunden gelten nicht als Überstunden, sondern werden Teil der regelmäßigen Arbeitszeit. Für diese Erhöhungsstunden fallen Zuschläge an, die in den Entgeltgruppen 1 bis 9b bei 25 Prozent und in den Entgeltgruppen 9c bis 15 bei zehn Prozent liegen. Die Erhöhung der Wochenarbeitszeit hat unmittelbare Auswirkungen auf das Entgelt und weitere Leistungen. So wird das Tabellenentgelt anteilig entsprechend der höheren Arbeitszeit angehoben. Auch monatlich festgelegte Zulagen wie Schichtzulagen steigen entsprechend. Die vermögenswirksamen Leistungen erhöhen sich ebenfalls. Zudem gehen die erhöhten Beträge vollständig in die Entgeltfortzahlung sowie in die Berechnung der Jahressonderzahlung nach § 20 TVöD Bund ein.

Zeit-statt-Geld-Wahlrecht nach § 29a TVöD Bund

Ab dem Jahr 2026 können Beschäftigte Teile ihrer Jahressonderzahlung in freie Tage umwandeln. Dieses Modell eröffnet die Möglichkeit, bis zu drei zusätzliche freie Tagen zu erhalten. Die Entscheidung darüber liegt vollständig bei den Beschäftigten selbst. Eine Zustimmung des Arbeitgebers ist tariflich nicht vorgesehen und wäre sogar tarifwidrig. 

Diese Rechtsauffassung ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des Tarifvertrags, aus dem Einigungspapier zum Tarifabschluss und aus einer angekündigten Klarstellung des BMI. Das Verfahren ist klar definiert. Der Antrag muss jährlich spätestens bis zum 1. September in Textform gestellt werden. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass im laufenden Jahr mindestens fünf Zwölftel der Jahressonderzahlung zustehen. Die so gewonnenen freien Tage können ab dem Folgejahr genommen werden. 

Werden sie nicht in Anspruch genommen, erfolgt ein finanzieller Ausgleich, dessen Berechnung sich nach den Vorgaben in § 24 Abs. 3 TVöD richtet. Die Umwandlung ist nur in ganzen Tagen möglich, nicht jedoch stundenweise. Für Beschäftigte eröffnet dieses Modell zusätzliche Flexibilität und echte Selbstbestimmung, insbesondere dort, wo finanzielle Zuschläge aufgrund steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Effekte nur begrenzt wirksam sind.

Mitbestimmung und Gleichstellungsfragen

Der Abschluss einer individuellen Vereinbarung zur Erhöhung der Arbeitszeit unterliegt keiner Mitbestimmungspflicht des Personalrats. Dennoch sind die Gleichstellungsbeauftragte und gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen, wie sowohl im BMI-Rundschreiben als auch im BMVg-Erlass ausdrücklich festgehalten wird. Anders verhält es sich bei kollektiven Regelungen. 

Sobald eine Dienststelle allgemeine, dienststellenweit geltende Kriterien oder Vorgaben schaffen möchte, etwa zu der Frage, nach welchen Grundsätzen die Arbeitgeberseite dem Abschluss einer Vereinbarung zustimmt, müssen sowohl die Gleichstellungsbeauftragte als auch der Personalrat formell beteiligt werden. Dies gilt für alle Fragen, die über die individuelle Vereinbarung hinausgehen.

Fazit aus Beschäftigtensicht

Die Möglichkeit der befristeten Erhöhung der Wochenarbeitszeit kann in Phasen hoher Belastung sinnvoll sein, bedeutet jedoch zwangsläufig eine erhebliche Mehrarbeit. Entscheidend ist, dass die Entscheidung darüber auf Ebene der Dienststelle getroffen wird und klare individuelle Absprachen erforderlich sind. Beschäftigte sollten vor Abschluss einer Vereinbarung sorgfältig prüfen, welche langfristigen Auswirkungen die Mehrarbeit etwa auf ihre Belastungssituation, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben oder bestehende Nebentätigkeiten haben könnte. Das Zeit-statt-Geld-Modell stellt aus Sicht der Beschäftigten einen deutlichen Gewinn an Autonomie dar, da weder eine Zustimmung noch eine Prüfung durch den Arbeitgeber vorgesehen ist. Es handelt sich damit um ein echtes Wahlrecht, das vollständig in der Hand der Beschäftigten liegt.

Für den DBwV steht weiterhin im Zentrum, eine korrekte Anwendung der tariflichen Regelungen sicherzustellen, die freie Ausübung der Wahlrechte ohne Druck zu gewährleisten und dafür zu sorgen, dass dienststellenbezogene Vorgaben transparent, fair und rechtskonform ausgestaltet sind. 

Mit den tariflichen Neuerungen ab 2026 erhalten Beschäftigte zwei bedeutende Instrumente, die ihnen echte Gestaltungsspielräume eröffnen. Damit diese Möglichkeiten zu tatsächlichen Verbesserungen im Arbeitsalltag werden, müssen die tariflichen Vorgaben ernst genommen und zuverlässig umgesetzt werden. 

Für den DBwV ist klar: Freiwilligkeit ist nicht verhandelbar. Weder bei der Entscheidung über zusätzliche Arbeitsstunden noch bei der Umwandlung der Jahressonderzahlung dürfen Hürden aufgebaut oder Beschäftigte unter Druck gesetzt werden. Gleichzeitig müssen Arbeitgeber für transparente, einheitliche und nachvollziehbare Verfahren sorgen. Nur dort, wo Klarheit herrscht, und die Entscheidungshoheit der Beschäftigten respektiert wird, können die neuen Wahlrechte ihre positive Wirkung entfalten. 

Der Deutsche BundeswehrVerband wird die Umsetzung aufmerksam begleiten, mögliche Fehlanwendungen klar benennen und Beschäftigte aktiv unterstützen, damit aus tariflichen Optionen echte Verbesserungen für die Beschäftigten werden.

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