Ehre, wem Ehre gebührt
In der Merkur-Spiel Arena in Düsseldorf werden die sechsten Invictus Games eröffnet. Es ist der emotionale Beginn einer einzigartigen Veranstaltung.
Eigentlich ist es einfach: Dieser Text sollte damit beginnen, dass die Eröffnungsfeier der sechsten Invictus Games in Düsseldorf ein buntes Fest ist, gute Laune, beste Stimmung. Und das ist sie auch.
Aber ein Standardsatz reicht nicht und wird der Eröffnungsfeier nicht annähernd gerecht, weil sie kein Standard ist. Schon bevor es losgeht, auf dem Weg zum Stadion und davor, ist klar: Hier mögen Menschen in verschiedenen Disziplinen gegeneinander antreten, aber in Wahrheit helfen sie sich gegenseitig. Es mögen Gegner im Wettkampf sein, aber es sind Verbündete im Schicksal. Und das ist besser als jedes gewöhnliche Sportfest, besser als Olympia, besser als die Fußball-WM, weil es authentisch ist und ehrlich und sich nicht um Vermarktung dreht. Ja, die Eröffnungsfeier ist bunt, gute Laune, beste Stimmung. Aber vor allem ist sie emotional, und zwar in bestem Sinn, weil sie eben auch zeigt, wie Einsatzrealität und vor allem Realität nach dem Einsatz sein kann. Und das in Motivation und Respekt übersetzt.
Auf dem Weg zum Stadion: Rumänen mit verbranntem Gesicht, Briten der Royal Legion, junge Ukrainerinnen mit Beinprothesen – wo man gar nicht reden muss, um zu wissen, warum das so ist. Dazwischen Familien, die sich auf die Spiele freuen. Und, dieser persönliche Satz sei gestattet: Wer da nicht bewegt ist, ehrlich bewegt, der hat kein Herz.
Und das geht so weiter: Gabriele Siesing ist da und unterstützt ihren Sohn Dennis, der unter anderem beim Bogenschießen antritt, drei Einsätze in Afghanistan. Er hat mit angesehen, wie eine Sprengfalle, die im Konvoi direkt unter dem Fahrzeug vor ihm explodierte, seinen besten Freund vor seinen Augen zerriss. Und dann Bianca, Karola und Carina, die da sind wegen Armin Witczak, der durch eine Blutvergiftung Beine und Hände und sogar Teile seines Gesichts verliert. „Klar, sind wir hier“ sagen sie. „Selbstverständlich.“ „Der Armin“, sagen sie, „kommt aus demselben Ort wie wir“. Sauerland, 700 Einwohner. Selten hat vermutlich ein Motto besser zu einer Veranstaltung gepasst: A home für respect.
Das gilt für den ganzen Abend. Später im Stadion dann Fußballatmosphäre. 25.000 Menschen singen und feiern die Teams, bevor die überhaupt zu sehen sind. Gänsehaut, flaues Gefühl im Magen, im Prinzip könnte man sofort heulen – was dann auch passiert, als Team Ukraine die Bühne betritt. Standing ovations, minutenlang, verdienter geht es gar nicht. Später wird Prinz Harry sprechen und sich vor den Ukrainern verbeugen „for maintaining our values“ und Boris Pistorius wird sagen: „We must never stop supporting Ukraine as long as it takes“ und da wird es erneut standing ovations geben.
Italien läuft davor ein mit „Beautiful Day“ von U2 und die Niederlande mit „Fight Song“ von Rachel Platten und das passt eben beides – und genau das macht die Invictus Games aus und auch die Eröffnungsfeier. Ein besseres Symbol gibt es ja gar nicht: Es ist ein Kampf, immer wieder, aber es ist genauso immer wieder der schönste Tag, weil jeder Sportler, jede Sportlerin, sich ständig selbst herausfordert und schließlich überwindet – sonst wäre ja niemand bei den Spielen. „I am the captain of my own soul“, steht auf den Plakaten am Eingang. „Like a small boat / On the ocean / Sending big waves / Into motion”, singt Platten. Und beides gilt für alle Athleten und Athletinnen.
Unter anderem Nigerianer und Kolumbianer sind zum ersten Mal dabei. Israelis und Jordanier feiern zusammen. Als das deutsche Team einläuft, erneut standings ovations. Belgier und Australien stehen Spalier, als die Deutschen die Bühne verlassen und klatschen ab. Ein Gänsehautmoment folgt auf den nächsten.
„Die Eröffnung war bombastisch“, sagt Oberstleutnant Lutz Meier, Landesvorsitzender West im Deutschen BundeswehrVerband. Die Sportler hätten einen guten Eindruck gewonnen und sein Eindruck: „Sie waren überglücklich“. Und das täuscht nicht, denn an diesem Abend bekommen den Respekt, den sie verdienen. Man kann man auch ganz oben auf den Rängen spüren, die Energie überträgt sich von der Bühne in die ganze Halle, auf jeden Sitz. Meier sagt: „Das war eine tolle Veranstaltung, damit können die Spiele gut beginnen.“
Es ist klar und selbstverständlich, dass auch der Deutsche BundeswehrVerband dabei ist. Als Institutional Partner unterstützt der DBwV die Spiele und zeigt natürlich auch im Invictus Village Präsenz. Viele Mandatsträger, Bundesvorstandsmitglieder sind vor Ort, unterstreichen die Bedeutung dieser Spiele für die Soldatinnen und Soldaten, die Veteraninnen und Veteranen und für die Bundeswehr insgesamt.
Für den Schluss dieses Textes würde sich ebenfalls ein Standardsatz anbieten. Er würde lauten: Den Höhepunkt der Eröffnungsveranstaltung bildet Macklemore, Rapstar aus Seattle, der am Ende ein kurzes Set spielt. Aber auch das wäre viel zu kurz gegriffen. Stimmt schon, Macklemore spielt, die komplette Halle tanzt und ist kurz vorm Ausrasten, die Songs gehen nach vorne. Aber der Höhepunkt ist das nicht.
Höhepunkte gibt es 500. Es sind die Athleten.
Heute starten die Spiele mit den Wettkämpfen im Bankdrücken, im Rollstuhl-Rugby und den ersten Qualifikationen in der Leichtathletik.
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