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Die Beförderung zum Stabsfeldwebel setzt eine Dienstzeit von 16 Jahren voraus. Laut aktueller Rechtsprechung genügt diese Mindestdienstzeit nicht dem im Grundgesetz festgeschriebenen Leistungsgrundsatz. Foto: picture alliance/photothek.de/Juliane Sonntag
Nicht nur die aktuelle Rechtsprechung, sondern auch viele Kameradengespräche sind dominiert vom Thema Mindestdienstzeiten. Im Fokus steht dabei derzeit vor allem die Beförderung zum Stabsfeldwebel, welche laut der Beförderungsvorschrift A-1340/49 u.a. eine Dienstzeit von 16 Jahren nach Ernennung zum Feldwebel voraussetzt. Mindestdienstzeiten, die vielfach auch von der Soldatenlaufbahnverordnung festgelegt werden, sollen vor allem das innere Gefüge der Bundeswehr ordnen und haben sich dafür seit Jahrzehnten in der Bundeswehr bewährt. Sie sind indes nur soweit rechtlich unbedenklich, wie sie im Einklang mit dem Leistungsgrundsatz des Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes stehen. Die jüngste Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (OVG NRW 1 A 842/23) hat nun erstmalig rechtskräftig festgestellt, dass jedenfalls die Mindestdienstzeit für die Beförderung zum Stabsfeldwebel genau diesem Grundsatz nicht genügt und damit rechtswidrig ist.
Die Diskussion ist nicht neu
Auch die bislang dazu ergangene erstinstanzliche Rechtsprechung von Verwaltungsgerichten hatte bereits die insoweit gleichlautende Argumentation in Bezug auf Beamte auf die Statusgruppe der Soldaten übertragen. Dabei wurde bislang der Blick vor allem auf die Unteroffiziere mit Portepee gerichtet, obschon die Argumentation auch in anderen Laufbahngruppen und insbesondere überall dort geführt werden kann, wo Dienstposten mit gebündelten Dotierungen eingerichtet sind.
Der Inhalt der Diskussion ist dabei stets gleich: Während die Rechtsprechung unter Verweis auf den Leistungsgrundsatz betont, dass eine Beförderung nicht von einer Dienstzeit abhängig gemacht werden darf, die nicht allein dem Ziel dient, relevante Erkenntnisse über die Bewährung bei der Aufgabenerfüllung im Dienstgrad zu sammeln, verweist die auch nicht zu vernachlässigende Ansicht des Dienstherrn darauf, das innere Gefüge der Bundeswehr würde ohne Mindestdienstzeiten nachhaltig Schaden nehmen. Dem hat die Rechtsprechung wiederholt entgegengehalten, das innere Gefüge sei nicht von Mindestdienstzeiten abhängig, weil der von ihnen bezweckte Erfahrungsaufbau auf andere Weise, etwa durch bestimmte Vorverwendungen und eine Messbarmachung in der dienstlichen Beurteilung, abgebildet werden könne. Es gebe auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach eine höhere Lebens- oder Diensterfahrung auch stets bessere dienstliche Leistungen mit sich brächten. Demgegenüber handele es sich bei den Mindestdienstzeiten in der aktuellen Ausgestaltung nicht um zulässige Bewährungs-, sondern um nicht mit dem Leistungsgrundsatz vereinbare reine Wartezeiten.
Einen Anspruch auf Beförderung gibt es trotzdem nicht
Damit besteht zwar auch weiterhin kein Anspruch auf eine frühere Beförderung, sehr wohl aber ein Anspruch auf eine sogenannte ermessensfehlerfreie Entscheidung, d.h. in diesem Kontext vor allem frühere Mitbetrachtung bzw. Aufnahme in die Beförderungsreihung, und zwar eben im Wesentlichen ab dem Zeitpunkt, ab dem verwertbare Bewährungserkenntnisse im Dienstgrad vorliegen. Das dürfte in der Regel nach der ersten Beurteilung im Dienstgrad der Fall sein. Voraussetzung ist dabei natürlich aber auch weiterhin, dass man bereits auf einen oberhalb seiner Besoldungsebene dotierten Dienstposten verfügt ist. Die vorgelagerten förderlichen Verwendungsentscheidungen sind nach der derzeitigen Praxis weiterhin nicht von der neuen Rechtsprechung betroffen.
Wie wird geprüft?
Weil es aber eben weiterhin keinen Anspruch auf eine Beförderung gibt, muss rechtlich wie bereits angedeutet zwischen zwei Schritten unterschieden werden:
In einem ersten Schritt geht es um einen möglichen Anspruch auf Neubescheidung des vom Soldaten vorab zu stellenden Antrags auf Beförderung, d.h. um die Verpflichtung des Dienstherrn, eine Nachbetrachtung unter Außerachtlassung der Mindestdienstzeiten durchzuführen. Die Geltendmachung dieses Anspruches wird bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen regelmäßig Erfolg haben.
Der zweite Schritt ist aber der eigentlich entscheidende: hier wird geprüft, ob der Antragsteller auch tatsächlich zu befördern gewesen wäre, wenn er rechtzeitig mitbetrachtet worden wäre. Es werden also die durch den Dienstherrn in der Regel jeweils monatlich zu vergebenden Planstellen auf alle Soldaten, die mit dem Betroffenen beförderungsreif sind, also ebenfalls ohne Ansehung der Mindestdienstzeit, nach dem Prinzip der Bestenauslese verteilt, d.h. insbesondere anhand der Ergebnisse der dienstlichen Beurteilungen zugewiesen, bis keine mehr verfügbar sind. Damit dürfte klar sein, dass rein rechtlich nur Soldaten mit einer absoluten Spitzenbeurteilung eine echte Chance haben, tatsächlich befördert zu werden. Nach unseren Informationen bedeutete eine Umsetzung der Rechtsprechung ohne weitere Anpassungen im Beförderungssystem nämlich, dass auf einen Schlag rund 18.500 (!) Hauptfeldwebel zusätzlich für eine Beförderung zum Stabsfeldwebel gleichzeitig zu betrachten wären. Auch wenn mit dem frisch verabschiedeten Bundeshaushalt 4.000 neue Stabsfeldwebel-Planstellen in 2026 zur Verfügung stehen, ist klar, dass im Wesentlichen weiterhin monatlich nur die Beförderungsumfänge möglich sind, wie bislang auch, nämlich im Schnitt ca. 200, sodass man sich eben nur mit einer Spitzenbeurteilung durchsetzen können wird.
Wegfall des Rotationserlasses
All das erinnert an den Wegfall des sogenannten Rotationserlasses vor gut 10 Jahren. Auch dieser war zumindest durch weite Teile des sozialen gelebten Verständnisses innerhalb der Bundeswehr akzeptiert und wurde gleichsam als rechtswidrig durch die Rechtsprechung verworfen. Und wie damals, wird auch die neue Rechtsprechung in unserer Mitgliedschaft sehr unterschiedlich aufgenommen: während die einen sie verteufeln, so begrüßen sie andere in gleicher Weise.
Mögliche Lösungswege des Dienstherrn
Unklar ist, zumindest zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses dieses Artikels, wie der Dienstherr die so entstandene Situation auflösen will. So werden nach unserem Kenntnisstand im BMVg zwar mehrere Maßnahmen diskutiert, darunter die Entbündelung von Dienstposten bzw. deren Dotierungen, die Einführung von Pflichttoren, wie ein zusätzlicher Laufbahnlehrgang, oder auch die Verlängerung des Regelbeurteilungszeitraums. Klare Absichten oder gar Zeitlinien bestehen bislang aber unseres Wissens nicht. Die Anträge im insoweit zuständigen BAPersBw werden nach den uns erreichenden Berichten und auch unseren Erfahrungen aus der Beratungspraxis ohne ersichtliche Gründe auch nicht einheitlich behandelt. Es wurde uns jedoch versichert, dass die gesetzlichen Fristen in jedem Fall eingehalten werden und die Unterschiede – wie z.B. der Versand von Zwischenbescheiden – primär in der individuellen allgemeine Auftragslast begründet sind. Die nicht von der Hand zu weisenden Berichte darüber, dass Beförderungen trotz eines nur durchschnittlichen Leistungsbildes erfolgt seien, liegen zum einen daran, dass Beförderungen weiterhin nach der immer noch gültigen Erlasslage durchgeführt werden und zum anderen erste gerichtlich angeordnete Beförderungen erfolgten.
Was rät der DBwV seinen Mitgliedern?
Angesichts dieser Situation kann der DBwV aber nicht anders, als seinen Mitgliedern letztlich doch ungeachtet der oben genannten Bewertung zu den tatsächlichen Erfolgsaussichten zu raten, formlos zu beantragen, in der auf den Antrag folgenden Beförderungslesung mitbetrachtet und im Auswahlfalle befördert zu werden, wenn sie auf einem (auch) höherwertigen Dienstposten sitzen und über mindestens eine planmäßige Beurteilung im aktuellen Dienstgrad verfügen, die mindestens das Erreichen der Normalleistung (E(0)) dokumentiert. Natürlich dürfen sonst keine Beförderungshindernisse, wie beispielsweise laufende Disziplinarverfahren, bestehen. Zudem sollte zur Sicherung eines möglichen Beförderungs- und Schadlosstellungsanspruchs eine förmliche Zusicherung der Freihaltung einer Planstelle des Beförderungsamts gefordert werden. Entsprechende Anträge kursieren bereits als Muster in der Truppe.Beachtet werden sollte dabei zusätzlich, dass Beförderungen nur für die Zukunft erfolgen können und eine Schadlosstellung in besoldungs- und versorgungsrechtlicher Hinsicht auch nur auf den Zeitpunkt der Antragstellung bzw. den darauffolgenden Monat bezogen erfolgen kann. Es kann nach erfolgter Beförderung mithin nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass man schon früher hätte befördert werden können bzw. müssen.
Sollte daraufhin eine ablehnende Entscheidung ergehen, wäre zur weiteren Rechtewahrung die förmliche und fristgebundene Beschwerde zu erheben. Dabei kann bei Nutzung der erwähnten Musteranträge auf deren Begründungen verwiesen werden. Gleiches gilt, wenn binnen eines Monats kein Bescheid ergangen sein sollte. Dann sollte in der Beschwerde zusätzlich auf die bisherige Untätigkeit verwiesen werden.
Beratung in Anspruch nehmen
Bevor indes der nächste Schritt einer Klage zum Verwaltungsgericht angegangen werden soll, raten wir zu einer Beratung durch unsere Rechtsabteilung, weil mit einem solchen Schritt erstmalig Kosten verbunden wären. Im Zuge dessen kann auch erörtert werden, ob der DBwV bei einem solchen Verfahren zusätzlichen Rechtsschutz durch seine Vertragsanwälte gewähren kann, was mit Blick auf das zu den tatsächlichen Erfolgsaussichten für eine Beförderung oben Ausgeführte und auch eingedenk der bekannten Schwächen der Beurteilungspraxis aus Sicht der Solidargemeinschaft grundsätzlich nur angemessen erscheint, wenn die aktuelle und die historische Beurteilung im sogenannten quotierten Bereich, d.h. zwischen A(+) und C(-) liegen.
Der DBwV versucht, die Entwicklungen in der Thematik sehr eng zu begleiten. Zur Wahrheit gehört dabei, dass keine der denkbaren Lösungen alle aufeinandertreffenden und auch nachvollziehbaren Interessen abdecken und alle sich aus erforderlichen Veränderungen ergebenden Folgen absehen kann. Vor allem ist jetzt aber der Dienstherr gefragt, seine Absichten sehr zeitnah zu konkretisieren und auf den Tisch zu legen.
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