Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Foto: MSC/Hartmann

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Foto: MSC/Hartmann

19.02.2023
gk/dpa

Pistorius auf der MSC: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen

Die Münchner Sicherheitskonferenz ist die weltweit wichtigste Expertenkonferenz zur Sicherheitspolitik. In diesem Jahr war der russische Angriffskrieg auf die Ukraine das bestimmende Thema.

Bereits vor einem Jahr dominierte ein Thema die Münchner Sicherheitskonferenz (Munich Security Conference; MSC): Die drohende Eskalation im Konflikt um die Ukraine. Nur wenige Tage später hatte Russland dann seinen verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine tatsächlich begonnen. Seit diesem 24. Februar 2022 wehren sich die Ukrainer tapfer gegen die Aggressoren, unterstützt werden sie dabei vom Westen unter anderem durch Waffenlieferungen (klicken Sie hier, um zur Multimedia-Reportage „Ein Jahr Ukrainekrieg“ zu gelangen).

Eine weitere Form der Unterstützung ist politischer Natur. Und so wurde auch die diesjährige MSC - die am Sonntag, 19. Februar, nach drei Tagen zu Ende gegangen ist - vom Ukrainekrieg bestimmt. Kreml-Vertreter hatte Christoph Heusgen, seit 2022 MSC-Vorsitzender und früherer außenpolitischer Berater von Alt-Kanzlerin Merkel, erst gar nicht nach München eingeladen. Stattdessen hatte er in verschiedenen Interviews im Vorfeld der MSC eine „Deputinisierung“ Russlands gefordert.

„Für dieses Jahr bin ich auch nach Gesprächen mit Regierungsvertretern zum Schluss gekommen, dass Moskau keinerlei Abstriche bei seiner Maximalforderung macht, nämlich die Ukraine vollständig zu unterwerfen“, so Heusgen. „In dieser Lage wollte ich einem Sergej Lawrow (russischer Außenminister, Anmerkung d. Red.) nicht die Bühne bieten für seine unerträgliche Propaganda.“

So kamen zur MSC – sie gilt als weltweit wichtigste Expertenkonferenz zur Sicherheitspolitik – rund 40 Staats- und Regierungschefs, fast 100 Minister und mehrere Chefs von internationalen Organisationen in München zusammen, um unter anderem darüber zu beraten, wie der Ukrainekrieg beendet und die europäische und weltweite Sicherheit gewährleistet werden kann.

Zu den eingeladenen Experten gehörte der Bundesvorsitzende Oberst André Wüstner. Seine Einschätzung war im Rahmen des Roundtables „Equipping the Bundeswehr – Wie kommt die Bundeswehr zur bestmöglichen Ausrüstung?“ gefragt.

Pistorius: „Unsere Demonstration der Stärke die richtige Antwort“

Bei der MSC betonten Vertreter westlicher Regierungen ihre anhaltende Unterstützung für die Ukraine. Und auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte vor „falscher Vorsicht“ bei Rüstungslieferungen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sieht die westliche Militärhilfe für die Ukraine als Teil der Abschreckung gegen andere russische Angriffe. „Russland führt einen brutalen Krieg der Aggression und der Eroberung gegen die Ukraine. Und bekäme Putin seinen Willen, wäre das nur der Anfang“, warnte Pistorius auf der MSC. „Weil weder Diplomatie noch harte Wirtschaftssanktionen die Richtung von Putin verändert haben, ist unsere Demonstration der Stärke die richtige Antwort“, sagte Pistorius.

Er habe dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zugesagt, dass Deutschland seinem Land so lange wie nötig helfen werde - zusammen mit den europäischen und transatlantischen Partnern. Pistorius sagte weiter: „Und ich habe deutlich gemacht: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.“

Bundeskanzler Olaf Scholz rechnet nicht mit einem schnellen Ende des russischen Krieges gegen die Ukraine. „Ich denke, es ist weise, sich auf einen langen Krieg vorzubereiten“, sagte der SPD-Politiker. Daher sei es auch wichtig, dass die Verbündeten bereit seien, die Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen.

Zudem forderte Scholz die westlichen Verbündeten auf, sich den deutschen Lieferungen von Kampfpanzern an die Ukraine anzuschließen. Dies sei Voraussetzung dafür, diese Rüstungshilfe durchhalten zu können, sagte er auf der MSC. „Dazu gehört, dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies nun auch wirklich tun“, mahnte Scholz. Deutschland werde auch bei Ausbildung sowie bei Nachschub und Logistik unterstützen. Er bot den Partnern eine deutsche Führungsrolle („Leadership“) an. Deutschland liefert 14 Leopard 2A6 und sucht in einem unerwartet schleppenden Prozess weiter nach Partnern, um ein ukrainisches Bataillon mit 31 Leopard-Panzern auszurüsten. Polen ist Hauptlieferant für ein weiteres Bataillon mit dem älteren Modell Leopard 2A4.

„David gegen Goliath“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rechnet in den kommenden Monaten fest mit einer Niederlage Russlands im Krieg gegen sein Land. „Goliath hat schon angefangen zu verlieren. Goliath wird auf jeden Fall dieses Jahr fallen“, sagte Selenskyj in einer Videoschalte zum MSC-Auftakt. Er verglich sein Land mit dem biblischen David, der sich gegen einen russischen Goliath wehren müsse.

Selenskyj dankte den westlichen Staaten für die Waffenhilfe zur Abwehr des russischen Angriffskrieges: „Es gibt keine Alternative zu unserem Sieg, und es darf auch keine Alternative zu unserer Entschlossenheit geben.“ Zugleich betonte er aber auch, dass die Waffenlieferungen noch nicht schnell genug seien. „Während wir noch über Kampfflugzeuge nachdenken, ist der Kreml schon weiter.“

Russlands Präsident Wladimir Putin dürfe als „Goliath“ keine Chance haben. Putin versuche aber jetzt, sich Zeit zu kaufen für seine Aggression. Er könne dabei immer noch viele Leben zerstören – insbesondere durch fehlende Geschlossenheit – „deswegen brauchen wir Geschwindigkeit“, sagte Selenskyj. „Denn davon hängt unser Leben ab.“

Prognose möchte niemand wagen

Die MSC 2022 endete mit der offenen Frage: Kann ein russischer Angriff gegen die Ukraine noch abgewendet werden? Vier Tage später folgte die bittere Antwort: Russische Truppen marschierten in Richtung Kiew. Auch in diesem Jahr dürften die meisten Teilnehmer mit einem mulmigen Gefühl abgereist sein. Vielleicht startet schon in ein paar Tagen eine neue russische Großoffensive. Und eine Prognose, wann dieser Krieg enden könnte, wagte an den drei Konferenztagen in München ohnehin niemand.

Konferenzleiter Heusgen beendete die Veranstaltung am Sonntagmittag mit Zweckoptimismus. Er verwies darauf, dass der ukrainische Präsident Selenskyj in Friedenszeiten auch wieder persönlich nach München kommen würde. „Wir hoffen alle, dass er nächstes Jahr wieder persönlich hier sein wird. Das würde bedeuten, der Krieg ist vorbei.“

Die Münchner Sicherheitskonferenz hatte kurz vor dem internationalen Treffen ihren Jahresbericht 2023 vorgestellt. Ein wichtiger Punkt darin ist der Konflikt zwischen Demokratien und Autokratien. Wer sich den kompletten Munich Security Report herunterladen möchte, findet diesen auf der Seite der Münchner Sicherheitskonferenz.

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