Ein Kampfschwimmer übt mit dem Gewehr G27 aus einem Hubschrauber H145M LUH SOF vom Hubschraubergeschwader 64 im Rahmen einer Übung vom Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) auf dem Truppenübungsplatz Lehnin. In Niger bilden Kampfschwimmer der Bundeswehr einheimische Spezialkräfte aus. Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz

Ein Kampfschwimmer übt mit dem Gewehr G27 aus einem Hubschrauber H145M LUH SOF vom Hubschraubergeschwader 64 im Rahmen einer Übung vom Kommando Spezialkräfte der Marine (KSM) auf dem Truppenübungsplatz Lehnin. In Niger bilden Kampfschwimmer der Bundeswehr einheimische Spezialkräfte aus. Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz

13.05.2019
Carsten Hoffmann, dpa

Kommandosoldaten auf Ausbildungsmission - Programme in vier Staaten

Die Spezialkräfte der Bundeswehr verfügen über begehrte Fähigkeiten. Die Kommandoeinheiten bilden in Afrika und Nahost vier Partnerverbände aus. Aufträge wie «Mission Gazelle» in Niger sind politisch gewollt, auch weil sie Deutschland nutzen können.

Berlin. Ein Meer aus Sand und kein Tropfen Wasser: Man würde die Kampfschwimmer der Bundeswehr nicht auf einem Militärgelände im westafrikanischen Binnenstaat Niger vermuten. Doch seit 31. Mai vergangenen Jahres bilden Kommandosoldaten aus Eckernförde in dem Land einen Verband der nigrischen Spezialkräfte aus. Wüste, eine Schießbahn, eine Art Standortübungsplatz - viel mehr will das Verteidigungsministerium über den genauen Ort der Ausbildung nicht bekannt geben.

Spezialaufklärung, offensive Operationen oder Militärberatung für ausgewählte Partner sind Aufgaben der Kommandosoldaten, über deren Arbeitsweisen wenig an die Öffentlichkeit dringt. Die sogenannten Obleute der Fraktionen im Bundestag wissen mehr, auch über das in den vergangenen Jahren verstärkte Ausbildungsprogramm.

In Niger sind die Kampfschwimmer auf Einladung der Regierung in der «Mission Gazelle» eingesetzt. Inzwischen haben 280 Soldaten des afrikanischen Landes die erste Phase der Ausbildung durchlaufen. Es geht auch um Grundlagen wie die Schießausbildung oder «Karte/Kompass», also die Orientierung im Gelände. Auch eine Schule für militärische Spezialkräfte, womöglich mit Beteiligung weiterer Staaten, gehöre zu dem Vorhaben, heißt es aus der Bundesregierung.

Die Mission in Niger ist eines von vier Programmen, mit denen die Bundeswehr Spezialeinheiten in Afrika und der arabischen Welt ausbildet. Die Partnerstaaten gelten als Stabilitätsanker oder haben regional eine besondere Bedeutung. So gibt es in Tunesien ein Programm für Spezialkräfte, bei dem es um die Ausbildung von Diensthunden geht. Eine Ausbildungsmission in Jordanien dreht sich um Luftlandeoperationen und hier besonders um technische Fragen der Fallschirmausrüstung. Auch in Kamerun wird eine als Partnerverband bezeichnete Einheit geschult.

Die deutschen Kommandosoldaten sind nur temporär vor Ort und reisen zu Trainings an. Über längere Zeiträume werden die Programme aus der Ferne überwacht. Eine Begleitung der fertig ausgebildeten Kräfte in Einsätze gibt es nicht. Politisch sind die Programme Teil sogenannter Ertüchtigungsinitiativen, an denen auch das Auswärtige Amt beteiligt ist.

Über die für die Militärausbildung notwendige besondere Grundfertigkeit verfügen alle Spezialeinheiten der Bundeswehr. Zu diesen zählen vor allem das Kommando Spezialkräfte (KSK) des Heeres, aber auch die Spezialkräfte der Luftwaffe (Hubschrauberregiment 64 in Laupheim). Die Expertise ist begehrt, auch wenn teilweise Grundlagen vermittelt werden. «Der Grundsatz ist: Spezialkräfte bilden Spezialkräfte aus», sagt ein mit den Einsätzen vertrauter Bundeswehroffizier.

Zu den Hauptaufgaben deutscher Kommandosoldaten gehören die Abwehr von Terrorgefahren, verdeckte Operationen, die Festnahme von «Zielpersonen», die Beschaffung wichtiger Informationen oder auch eine Befreiung im Ausland verschleppter Deutscher. Dazu gibt es das Nationale Risiko- und Krisenmanagement zum Schutz deutscher Staatsangehöriger im Ausland, kurz NatRKM. Operativ geführt werden die Kommandosoldaten aus dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr nahe Potsdam. Die Aufgabenfelder machen eines deutlich: Beim Einsatzerfolg geht es auch um internationale Vernetzung und den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zu Partnern im Ausland.

Die aktuell größte Ausbildung ist die «Mission Gazelle» in Niger. Das Land kann mit besorgniserregenden Superlativen charakterisiert werden. Es steht auf dem letzten Platz (189) im UN-Entwicklungsindex, hat die weltweit höchste Geburtenrate und regelmäßige Dürren gefährden die Ernährungssicherheit.

Auch Migrationsrouten nach Europa verlaufen dort. Richtung Europa grenzt Libyen an, aber auch Algerien und Mali. Der Sahel-Staat Niger und seine mehr als 21 Millionen Einwohner sind zudem von zunehmender Gewalt islamistischer Terrorgruppen bedroht. Diese sind in Niger allerdings nicht fest verwurzelt. Ihre Aktivitäten kommen aus den Grenzregionen der Nachbarländer Mali und Burkina Faso.

Niger ist aber auch ein Hoffnungsträger der Zusammenarbeit. Erst Anfang Mai hat Kanzlerin Angela Merkel dem Land bei einem Besuch weitere Unterstützung für Entwicklung und Sicherheit zugesagt. «Der Kampf, den wir hier führen in der Sahelzone ist ein Kampf, den wir für die Sicherheit in der ganzen Welt führen», sagte der nigrische Präsident Mahamadou Issoufou bei dem Treffen.

Dass die deutschen Soldaten Bewaffnung mitführen, löste gerade erst politischen Wirbel in Berlin aus. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels und Oppositionspolitiker forderten das Verteidigungsministerium auf, die Notwendigkeit eines Parlamentsmandates für die Ausbildungsmissionen zu prüfen.

Die Bewaffnung ist nach Angaben aus Militärkreisen schon für Ausbildungszwecke und die Eigensicherung nötig. Abgesehen davon: Ein Kommandosoldat ohne Waffe wird in vielen Teilen der Welt belächelt.

Das Verteidigungsministerium verweist dagegen auf das Parlamentsbeteiligungsgesetz: Dort ist - Stichwort Parlamentsarmee - geregelt, dass der Bundestag zwar dem Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland zustimmen muss, wenn Soldaten «in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten ist». Keiner Zustimmung bedürfen Hilfsleistungen der Streitkräfte, bei denen Waffen «lediglich zum Zweck der Selbstverteidigung mitgeführt werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die Soldatinnen oder Soldaten in bewaffnete Unternehmungen einbezogen werden».

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