Fallschirmjäger am Flughafen von Kabul: Die Gefahr von Anschlägen ist groß, insbesondere jetzt, wo das Ende des Einsatzes naht. Foto: Bundeswehr

Fallschirmjäger am Flughafen von Kabul: Die Gefahr von Anschlägen ist groß, insbesondere jetzt, wo das Ende des Einsatzes naht. Foto: Bundeswehr

26.08.2021
Yann Bombeke/dpa

Terrorgefahr am Flughafen Kabul – Ende des Bundeswehr-Einsatzes naht

Am Donnerstagvormittag landete in der usbekischen Hauptstadt Taschkent ein Airbus A400M der Luftwaffe mit 154 aus Kabul geretteten Menschen an Bord. Es könnte einer der letzten Evakuierungsflüge der Bundeswehr sein: Das Ende der Mission ist in Sicht.

Immer noch stehen tausende verzweifelter Menschen vor den Toren des Kabuler Flughafens und hoffen darauf, einen der wenigen verbleibenden Rettungsflüge zu erreichen – und das trotz der großen Gefahr von Anschlägen. Das Zeitfenster für die internationale Luftbrücke schließt sich: Die USA wollen zum 31. August ihre letzten Truppen abziehen, die Partnernationen werden schon vorher Kabul verlassen. Nach diversen Medienberichten könnten die für heute von der Bundeswehr eingeplanten vier Flüge auch die letzten sein. Bislang hat das BMVg noch nicht das offizielle Ende der Rettungsmission verkündet.  

„Spiegel Online“ berichtet, dass der am Vormittag gelandete A400M bereits der letzte Flieger mit Schutzbedürftigen an Bord gewesen sein könnte. Mit den drei verbleibenden Flügen sollen in erster Linie die Einsatzkräfte der Bundeswehr aus Kabul ausgeflogen werden. Insgesamt hat die Bundeswehr nach Angaben des BMVg seit Beginn der Rettungsmission mehr als 5300 Menschen mit ihren Flügen in Sicherheit gebracht.

In den letzten Tagen hatte sich die Sicherheitslage rund um den Flughafen von Kabul erheblich zugespitzt. Die deutsche Botschaft in Afghanistan und andere Stellen warnen vor Terrorgefahr rund um den Airport der afghanischen Hauptstadt. „Aufgrund der Sicherheitsbedrohungen vor den Toren des Flughafens Kabul raten wir US-Bürgern, derzeit nicht zum Flughafen zu reisen und die Tore des Flughafens zu meiden“, teilte die US-Botschaft in der Nacht zu Donnerstag mit – ohne die Bedrohungslage genauer zu benennen. Gleichzeitig schwindet die Zeit für die Evakuierungen.

US-Bürger, die sich derzeit am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhielten, sollten das Gebiet „sofort“ verlassen, warnte die US-Vertretung in Kabul. Die britische Regierung forderte Bürgerinnen und Bürger in der Nähe des Flughafens auf, sich an einen sicheren Ort zu begeben und auf weitere Anweisungen zu warten. Sie sprach in ihren Reisehinweisen am Mittwoch von einer „weiterhin hohen Bedrohung durch Terroranschläge“. Die deutsche Botschaft warnte in einem Schreiben an deutsche Staatsbürger vor Schießereien und Terroranschlägen.

Dänemark hat seine Evakuierungsmission bereits abgeschlossen, ein letzter Transport mit 90 Menschen an Bord hat Kabul bereits verlassen. Dänemarks Verteidigungsministerin Trine Bramsen sagte: „Flüge von und nach Kabul sind nicht länger sicher.“ Frankreich will seine Evakuierungsflüge am Freitag einstellen.

Die Bundeswehr hatte bereits am Dienstag berichtet, dass zunehmend potenzielle Selbstmordattentäter der Terrororganisation Islamischer Staat in Kabul unterwegs seien. Ähnlich hatte sich US-Präsident Joe Biden geäußert. Praktisch täglich versuche ein örtlicher Ableger des IS, den Flughafen anzugreifen, hatte er erklärt. Die Terrormiliz sei auch ein „erklärter Feind“ der militant-islamistischen Taliban.


Auch der DBwV-Vorsitzende Oberstleutnant André Wüstner warnte vor einer erhöhten Gefährdungslage in der letzten Phase der Evakuierungsmission. „Es gibt Informationen, nach denen man mit Attentaten zu rechnen hat“, sagte Wüstner am Donnerstagabend in der „Phoenix Runde“. Zudem könne sich der Druck auf den Flughafen nach der Aussage von Außenminister Maas, dass man nicht alle Menschen werde aufnehmen können, erhöhen. „Es ist eine brandgefährliche Situation, man ist unter Druck. Man muss jetzt sehen, wie man den Ausflug koordiniert, denn das Zeitfenster schließt sich ja aktuell und eine Schlinge um den Flughafen zieht sich zu.“

Bereits zuvor hatte der Verbandschef von der Politik gefordert, weitere Lösungsoptionen für eine Ausreise nach dem letzten Flug aus Kabul zu prüfen. „Zur Wahrheit gehört, dass Deutschland nicht mehr alle Schutzbefohlenen ausfliegen kann. Das treibt uns Soldatinnen und Soldaten um, das macht viele wütend“, sagte Wüstner. Aktuell gelänge es ehemaligen Ortskräften vereinzelt, sich etwa über die Nordgrenze nach Usbekistan in Sicherheit zu bringe, so Wüstner. Und weiter: „Das muss ein Schwerpunkt für die Diplomatie in der Region sein, denn schon heute erreiche uns Hilferufe von ehemaligen Ortskräften und deren Familien in unerträglichem Ausmaß.“

Nach Angaben der Bundesregierung haben die Taliban zugesagt, dass Afghanen auch nach dem 31. August das Land verlassen dürfen. Das gab der deutsche Verhandlungsführer Markus Potzel nach Gesprächen mit Schir Mohammed Abbas Staneksai bekannt, dem Vizechef des politischen Büros der Taliban in Katar. Die Bundesregierung will weiterhin deutsche Staatsbürger und schutzbedürftige Afghanen mit zivilen Flügen von Kabul aus außer Landes bringen. Es geht um mehrere tausend Menschen.

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