Ein neuer Gesetzentwurf ändert wesentliche Vorschriften im Soldatenrecht – und das zum Nachteil der Soldatinnen und Soldaten. Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz

Ein neuer Gesetzentwurf ändert wesentliche Vorschriften im Soldatenrecht – und das zum Nachteil der Soldatinnen und Soldaten. Foto: Bundeswehr/Torsten Kraatz

03.06.2020
Jan Meyer

Ungerecht und unverhältnismäßig: Neuer Gesetzentwurf stellt Soldaten schlechter

Berlin. Das ist kein guter Tag für die Bundeswehr! Heute hat das Kabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der wesentliche Vorschriften im Soldatenrecht ändert – und zwar zum Nachteil der Soldatinnen und Soldaten. Das geschah in dem Wissen, dass der DBwV die Veränderungen aus guten Gründen ablehnt. Und es geschah mit Begründungen, die nachweislich an der Sache vorbeigehen. „Kurzer Prozess mit Rechtsextremen“ schreibt der „Spiegel“ und zitiert Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer mit der Aussage, die Änderungen würden eine „schnellere und angemessene Reaktion“ gegenüber Extremisten in der Bundeswehr ermöglichen.

Tatsache ist aber: Keiner der spektakulären Fälle von Rechtsextremismus oder Kinderpornografie seit 2017 wäre unter die neuen Regelungen gefallen, Franco A. ebenso wenig wie Philipp Sch., der jüngst verhaftete Waffensammler vom KSK. Das neue Gesetz ist kein Werkzeug gegen Nazis, Reichsbürger, sexuelle Umtriebe oder Mobbing – es geht an der Sache vorbei und stellt Soldatinnen und Soldaten ohne Not schlechter.

Aber im Einzelnen. Zeitsoldaten, die ihre Dienstpflichten schuldhaft verletzen, sollen in Zukunft in besonders schweren Fällen innerhalb der ersten acht Jahre fristlos entlassen werden können, ohne viel Federlesens per Verwaltungsakt. Bislang geht das nur in den ersten vier Jahren, danach kann das Dienstverhältnis nur durch eine strafrechtliche Verurteilung oder im Rahmen eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens beendet werden. Mit dieser Änderung des Paragraphen 55 Absatz 5 sollen die regelmäßig mehrjährigen Verfahren vermieden werden.
 
Die Wehrdisziplinarordnung soll so geändert werden, dass einfache Disziplinarmaßnahmen auch noch nach 12 Monaten verhängt werden können. Derzeit beträgt die Verhängungsfrist sechs Monate. Außerdem wird die Obergrenze für Disziplinarbußen verdoppelt – von einem auf zwei Monatsbezüge.

Was kann man dagegen haben? Niemand – und ganz sicher nicht der DBwV - will Verfassungsfeinde, Rassisten oder Antisemiten schonen, wir alle verdammen Misshandlung Untergebener, Mobbing, sexuellen Missbrauch und Kinderpornografie. Die Verfolgung, Bestrafung und gegebenenfalls Entfernung solcher Menschen ist selbstverständlich auch unser Anliegen. Wir glauben allerdings: Soldatengesetz und WDO bieten schon heute ausreichend Möglichkeiten, schwerem Fehlverhalten angemessen und auch angemessen hart zu begegnen. Über vier Jahre ist bei allen die fristlose Entlassung möglich, darüber hinaus kann allen schon am Tag der Pflichtverletzung die Dienstausübung verboten werden (§ 22 SG), und mit der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens (mit dem Ziel der Entfernung) kann jeder Soldat vorläufig des Dienstes enthoben werden (bei bis zu 50-prozentiger Bezügekürzung).

Blanker Populismus

Wenn jetzt die Entlassungsmöglichkeiten erweitert werden, geht es weniger darum, Verfahren zu verkürzen als vielmehr darum, sie ganz zu vermeiden. Weder rechtfertigen die Zahlen entsprechender Verfehlungen in der Bundeswehr eine derart drastische Maßnahme, noch gibt es eine andere Berufsgruppe, sie sich faktisch einer achtjährigen „Probezeit“ unterwerfen muss. Zudem scheint es ausgesprochen unwahrscheinlich, dass beispielsweise ein Verfassungsfeind seine Gesinnung vier Jahre lang verbirgt, um dann erst auffällig zu werden. Hier gilt es, rechtzeitig und genau hinzuschauen.

Wer allerdings die Dauer gerichtlicher Disziplinarverfahren verringern will, der hat die volle Unterstützung des DBwV. Wir empfehlen dazu, die notwendige Personalausstattung bei den Wehrdisziplinaranwaltschaften und ggf. den Truppendienstgerichten zu schaffen und ggf. die Verfahrensordnungen zu entschlacken.

Unterm Strich: Aus der Sicht des DBwV ist das Gesetz blanker Populismus. Es erfüllt keinen greifbaren Zweck, verschlechtert dafür aber die dienstlichen Rahmenbedingungen erheblich. Der DBwV hat deshalb von den ersten Überlegungen an massiven Widerstand gegen das Vorhaben geleistet und wird das auch weiter tun. Aber wir erkennen an: Dass der Anspruch auf unentgeltliches Bahnfahren in Uniform ins Soldatengesetz aufgenommen werden soll und diese Leistung dauerhaft steuerfrei bleiben soll, das findet natürlich unsere ausdrückliche Zustimmung.

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