Öffentlichkeitswirksamer DBwV-Protest: Ende November 2001 demonstrierten Soldaten gemeinsam mit Polizeibeamten auf dem Berliner Gendarmenmarkt für bessere Bedingungen ihres Dienstes. Fotos: DBwV/Archiv

12.07.2022
Von Michael Rudloff

Am 14. Juli wird der DBwV 66 Jahre alt: Ein „Fall für die Rente“ ist er längst noch nicht

In der 66-jährigen Geschichte des DBwV lässt sich die Handschrift starker Bundesvorsitzender erkennen, die auf gesellschaftliche Veränderungen sowie die Erfordernisse der Zeit reagierten und den Verband zukunftssicher aufstellten.

1956 – 1967:  
Aufbau und Konsolidierung

Am 14. Juli 1956 gründeten im niedersächsischen Munster 55 Soldaten – Mannschaftsdienstgrade, Unteroffiziere und Offiziere – den Deutschen BundeswehrVerband und wählten den Kommandeur des Panzerlehrbataillons, Oberstleutnant Karl-Theodor Molinari, zum Vorsitzenden. Sie opferten ihre spärlich bemessene Freizeit, reisten auf eigene Kosten in die Standorte und Kasernen der Bundesrepublik und gewannen mit ihrer Begeisterung viele Kameraden für eine eigenständige Interessenvertretung der Soldaten.
Im ersten Jahrzehnt des DBwV gelang es dem Gründungsvorsitzenden Karl-Theodor Molinari (1956 – 1963) und seinen beiden Nachfolgern Lothar Domröse (1963 amtierend) sowie Wolfgang Keilig (1963 – 1967), den Verband als stabilen und zunehmend im politischen Bereich ernstgenommenen Berufsverband aufzubauen. Es war eine Zeit der Konsolidierung und der Positionsbestimmung des DBwV als Vertretung der sozialen Interessen der Berufs- und Zeitsoldaten der Bundeswehr.

Existenzielle Fragen für die Soldatenfamilien standen in den Anfangsjahren im Mittelpunkt: Besoldung, Ausrüstung, die Beschaffung von bezahlbarem Wohnraum, Rechtssicherheit, die Anerkennung des Soldatenberufs in der Öffentlichkeit. Bis 1963 gelang es, die angestrebte „magische“ Mitgliederzahl von 100.000 zu überschreiten. 1965 wurde der Vorsitzende Heer im DBwV, Hermann Stahlberg, als erster aktiver Soldat in den Deutschen Bundestag gewählt. In den folgenden Jahren konnten zwei Ziele des DBwV in Gesetze umgesetzt werden: die Einführung der Laufbahn des militärfachlichen Dienstes in der Laufbahngruppe der Offiziere und die Verabschiedung des Eingliederungsgesetzes für die Soldaten auf Zeit.

1967 – 1985:
Professionalisierung des DBwV und Profilierung

Einen wesentlichen Schritt nach vorn bildete die Wahl von Heinz Volland auf der 7. Hauptversammlung 1967 zum Bundesvorsitzenden. Achtzehn Jahre, bis 1985, führte er den Verband und verlieh ihm ein neues Erscheinungsbild. Der Verband wurde professioneller und profilierte sich als politischer Player. Vom sich unpolitisch verstehenden Anwalt der sozialen Interessen der Berufssoldaten entwickelte sich der DBwV zunehmend zum selbstbewussten sicherheitspolitischen Akteur. Dabei öffnete er sich neuen Zielgruppen. Seit 1969 nahm er sich der sozial schwächsten Gruppe in den Streitkräften, der Wehrpflichtigen, an. Aus Zielgruppentagungen entwickelte sich das „Parlament der Wehrpflichtigen“, wo die Meinung des Grundwehrdienst Leistenden genauso schwer wog wie die des Generals. Am Ende der Dienstzeit wurden die Mitglieder nun nicht mehr aus dem Verband verabschiedet, Kameradschaften Ehemaliger, Reservisten und Hinterbliebener pflegten ab 1970 den Zusammenhalt und Traditionen. Auf Initiative des DBwV wurde am 14. September 1972 die Dachorganisation der europäischen Soldatenverbände EUROMIL gegründet. Bis zur Mitte der siebziger Jahre steigerte der DBwV seine Mitgliederzahl auf über 200.000.

1985 – 1993:
Ende der Blockkonfrontation und soziale Ausgestaltung der Armee der Einheit

In der Zeit des politischen Umbruchs in Europa, des Endes der Blockkonfrontation und der Herstellung der Einheit Deutschlands führte Rolf Wenzel den DBwV. Seit 1988 unterstützte der DBwV die Bildung von Interessenverbänden durch Soldaten der Armeen des zerfallenden Warschauer Pakts. Der DBwV erklärte die soziale Ausgestaltung der „Armee der Einheit“ zu einem Schwerpunkt seines Engagements und setzte sich für die Gleichbehandlung der Soldaten in den neuen Bundesländern ein. Damit leistete er einen bedeutenden Beitrag zur Integration der ehemaligen Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR in das vereinte Deutschland und zur Befriedung der Gesellschaft. Im April 1991 erfolgte die Gründung des Landesverbandes Ost. Seit Beginn der neunziger Jahre forderten verschärfte Sparkonzepte der Bundesregierung, die Reduzierung der Streitkräfte sowie damit verbundene Standortschließungen und vorzeitige Zurruhesetzungen von Berufs- und Zeitsoldaten den Widerstand des DBwV heraus.

1993 – 2013:
Soziale und rechtliche Ausgestaltung der Einsatzarmee Bundeswehr

Die Hoffnung, dass dem Ende der Blockkonfrontation ein friedliches Zeitalter folgt, erwies sich als Illusion. Die Bundeswehr wurde Einsatzarmee – auch außerhalb des NATO-Territoriums. Der DBwV musste seine Position in einer Bundeswehr bestimmen, die sich infolge von aufeinander folgenden Reformen und Transformationen hinsichtlich ihres Auftrags und ihrer Struktur radikal änderte. Von 1993 bis 2008 verlieh Bernhard Gertz dem Verband im wörtlichen Sinn Gesicht und Stimme. Die Expertise des „Mr. Bundeswehr“, der nicht vor klaren Stellungnahmen zurückschreckte, war gefragt, wenn es um sicherheitspolitische Weichenstellungen, den Auftrag der Bundeswehr, um Struktur, Ausrüstung und Bewaffnung der Streitkräfte ging. Mit spektakulären Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen bewies der DBwV seine Kampagnenfähigkeit. Zu den wichtigsten Errungenschaften dieser Amtszeit zählen die Verbesserung der Versorgung bei Tod oder Verwundung im Einsatz, die Ausweitung der Beteiligungsrechte und die Öffnung aller Verwendungen für den Dienst von Frauen in den Streitkräften.

In einer Zeit, als der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan einen hohen Blutzoll von den Soldaten forderte, übernahm Ulrich Kirsch die Geschicke des DBwV. Allein zwischen 2009 bis 2011 fielen 22 Bundeswehrsoldaten. In zähem Ringen um eine bessere Absicherung der Soldaten und ihrer Angehörigen gelang es dem DBwV, die Parlamentarier des Deutschen Bundestages von der Notwendigkeit des Einsatzversorgungsverbesserungsgesetzes zu überzeugen. Mit einer neuen Protestform, Postkartenaktionen, konnten bis zu 120. 000 Mitglieder mobilisiert werden, die 2010 die Rücknahme belastender Sparmaßnahmen und 2013 eine beschleunigte Bearbeitung von Anträgen erzwangen.

Seit 2013:
Rückkehr der Landes- und Bündnisverteidigung und „Zeitenwende“

Mit André Wüstner trat 2013 der erste Vertreter der „Generation Einsatz“ an die Spitze des Verbandes. Im folgenden Jahr erzwang die Annexion der Krim durch Russland einen verteidigungspolitischen Paradigmenwechsel mit einer „Re-Fokussierung“ auf die Kernaufgabe Bündnis- und Landesverteidigung. Mit der kritischen Begleitung der Trendwenden Personal und Material sowie seiner Verbandskampagne „Schlagkräftige Bundeswehr“ setzte der DBwV wichtige Akzente für die erforderliche Neuausrichtung der Bundeswehr zu einer Armee, die wieder gleichrangig zu Landes- und Bündnisverteidigung sowie zum internationalen Krisenmanagement befähigt sein muss.

Um die Bundeswehr wieder „kaltstartfähig“ zu machen, forderte der DBwV ein Sondervermögen für die notwendigen Beschaffungsaufgaben und strukturellen Anpassungen. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine bedeutet eine „Zeitenwende“, auf die die Politik mit der Bereitstellung eines Sondervermögens in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr reagierte.

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