Das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr hat seinen Sitz in der Ernst-von-Bergmann-Kaserne. Foto: Von Gamsbart - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1961802

Das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr hat seinen Sitz in der Ernst-von-Bergmann-Kaserne. Foto: Von Gamsbart - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1961802

03.09.2020
Nicole Nottelmann

Nawalny-Vergiftung: Dieses Bundeswehr-Institut lieferte die Diagnose

Berlin. Als die Bundesregierung gestern (2. September) bekannt gab, dass der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny „zweifelsfrei“ mit dem chemischen Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet worden ist, stand plötzlich eine Einrichtung der Bundeswehr im Fokus, die sonst eher im Verborgenen arbeitet: das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr.

Die Charité in Berlin, in der Nawalny seit dem 22. August behandelt wird, hatte sich zuvor an das Institut gewandt, weil der Verdacht auf eine chemische Vergiftung bestand, man diese aber nicht nachweisen konnte. Das Speziallabor in München, eine Dienststelle des Zentralen Sanitätsdienstes der Bundeswehr, lieferte dann den eindeutigen toxikologischen Befund einer Vergiftung.

Doch was ist das für ein Institut, über dessen konkrete Arbeit so wenig an die Öffentlichkeit dringt, dass der „Spiegel“ in seiner letzten Ausgabe von einem „streng abgeschirmten Komplex“ und „den vermutlich deutschlandweit besten Kennern von Giften und chemischen Kampfstoffen“ berichtet? Auf Nachfrage teilte das Presse- und Informationszentrum Sanitätsdienst (PIZ SanDstBw) mit, man wolle sich zur „Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny“ nicht äußern. „Aus grundsätzlichen Überlegungen heraus machen wir keine Angaben zu angewandten Methoden und Verfahren sowie weiteren Details“, so eine Sprecherin des PIZ San. Sie verweist auf die allgemeinen Angaben auf der Homepage des Instituts.

Dort ist zu erfahren, dass das Institut in der medizinischen ABC-Abwehr, genauer im Bereich des Schutzes vor chemischen Waffen, tätig ist. Die Einrichtung mit ihren 44 Mitarbeitern ist der Sanitätsakademie der Bundeswehr unterstellt und in der Münchner Ernst-von-Bergmann-Kaserne beheimatet. Sie arbeitet an der Therapie und an Medikamenten gegen verschiedene toxische Substanzen – im zivilen und militärischen Bereich. Vor allem aber spielt das InstPharmToxBw eine wichtige Rolle bei der Analyse von biologischen Proben. Es ist eines von nur 17 Laboren weltweit, das von der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW) in Den Haag zertifiziert worden ist, um wissenschaftlich zu beglaubigen, ob eine Person einem chemischen Kampfstoff oder anderen Giftstoffen ausgesetzt worden ist. In diesem Zusammenhang berät das Institut militärische und politische Entscheidungsträger immer dann, wenn es – wie im Fall Nawalny – um den Verdacht eines Einsatzes von chemischen Giften und chemischen Kampfstoffen geht.

Der Befund der Bundeswehr-Wissenschaftler im Fall Nawalny ist jedenfalls von beispielloser politischer Brisanz. Er bewog Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch dazu, in ungewöhnlich deutlichen Worten von „bestürzenden Informationen über den versuchten Giftmord an einem der führenden Oppositionellen Russlands"  zu sprechen. Merkel verlangte eine Erklärung des Vorgangs von der russischen Regierung. Wenig später forderte auch die Nato Aufklärung von Russland. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, das Bündnis wolle jetzt die Folgen im Fall Nawalny erörtern.

Alexej Nawalny wird derweil weiterhin auf der Intensivstation behandelt und maschinell beatmet, wie das Universitätsklinikum Charité mitteilte.

 

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