14.06.2019
dpa

USA verlegen mehr Soldaten nach Polen - womöglich aus Deutschland

Die Amerikaner wollen mehr Truppen nach Polen schicken und dafür vielleicht Soldaten aus Deutschland abziehen. US-Präsident Trump beschwert sich seit langem massiv, Deutschland gebe zu wenig für sein Militär aus. Russland gefallen die neuen Truppenpläne nicht.

Washington. Die USA wollen ihre Militärpräsenz in Polen verstärken und dafür eventuell Truppen aus Deutschland ins Nachbarland verlegen. Bei einem Besuch des polnischen Präsidenten Andrzej Duda in Washington vereinbarten beide Regierungen am Mittwoch (12. Juni), die Zahl der US-Soldaten in Polen um rund 1000 aufzustocken. Einen genauen Zeitplan nannten sie nicht.

Trump betonte, es würden keine zusätzlichen Soldaten geschickt, sondern es gehe darum, innerhalb Europas Truppen zu verlegen - aus Deutschland oder von anderen Orten. Der US-Präsident verband die Ankündigung ausdrücklich mit scharfer Kritik an den seiner Ansicht nach zu niedrigen Verteidigungsausgaben der Bundesrepublik. Auch an anderer Stelle machte er der Bundesregierung schwere Vorhaltungen.

Nach Dudas Angaben sind derzeit rund 4500 US-Soldaten in Polen stationiert. Er hatte auch eine permanente US-Militärbasis in seinem Land ins Gespräch gebracht - mit dem Namen «Fort Trump», zu Ehren des US-Präsidenten. Bei Dudas Besuch in den USA verkündete Trump, Polen wolle auf eigene Kosten einen Stützpunkt für 1000 US-Soldaten bauen.

«Wir haben erreicht, was wir anstrebten», sagte der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak laut der Nachrichtenagentur PAP. Blaszczak zufolge sollen auch ein Hauptquartier der US-Division und ein Gefechtsübungszentrum in Polen eingerichtet werden.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte den Ausbau der US-Militärpräsenz in Polen als starkes Bekenntnis der USA zur Sicherheit in Europa. Auch Litauen reagierte positiv. «Eine Entsendung nach Polen ist nicht nur gut für Polen, sondern für alle baltischen Staaten», sagte Litauens Verteidigungsminister Raimundas Karoblis nach Angaben der Agentur BNS in Vilnius.

Russland äußerte sich dagegen unzufrieden. Mit den Plänen werde die militärische Spannung in Europa angefacht - besonders an der Ostflanke der Nato, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Das Programm trage einen «destabilisierenden und eskalierenden Charakter».

Polens Regierung hatte seit längerem für eine Aufstockung der amerikanischen Truppen im eigenen Land geworben. Viele Polen sehen in den USA die Schutzmacht gegen eine russische Bedrohung, die an der Ostflanke der Nato seit Beginn der Ukrainekrise besonders stark wahrgenommen wird. Duda sagte in Washington: «Wir hätten Russland gerne als unseren Freund, aber leider zeigt Russland wieder sein sehr unfreundliches, unangenehmes, imperiales Gesicht.»

Trump sagte, die zusätzlichen Truppen für Polen sollten aus Deutschland oder von anderen Standorten in Europa kommen. Er sprach von 52 000 derzeit in Deutschland stationierten US-Soldaten. Tatsächlich bezieht diese Zahl nach Angaben der US-Botschaft in Berlin die zivilen amerikanischer Mitarbeiter der Streitkräfte ein. Die Zahl der stationierten US-Soldaten beträgt rund 35 000.

Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, hatte im vergangenen September verkündet, dass die US-Truppen um 1500 Soldaten aufgestockt werden sollen. Sie sind aber noch nicht da.

Trump wiederholte seine Kritik an den seiner Ansicht nach zu niedrigen Verteidigungsausgaben der Bundesrepublik. Deutschland komme seinen Verpflichtungen innerhalb der Nato nicht nach: «Deutschland steht bei einem Prozent, sie sollten bei zwei Prozent sein.» Gemeint ist die Höhe der Militärausgaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Polen dagegen halte sich an Absprachen, lobte Trump.

Die Nato hatte auf ihrem Gipfel in Wales 2014 beschlossen, dass sich jeder Mitgliedstaat bis 2024 dem Ziel annähern soll, zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben. Die Bundesregierung hat versprochen, bis zu diesem Datum auf 1,5 Prozent zu kommen. In der mittelfristigen Finanzplanung ist das bisher nicht abgebildet.

Trump verknüpfte diese Debatte erneut mit seiner Kritik am deutschen Engagement bei der geplanten Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland. Er sagte, es gebe Überlegungen, Sanktionen gegen das Projekt zu verhängen. «Wir schützen Deutschland vor Russland, und Russland bekommt Abermilliarden Dollar von Deutschland», kritisierte Trump. Deutschland begebe sich mit der Gasfernleitung in Abhängigkeit und könne im schlimmsten Fall zur «Geisel Russlands» werden. Der US-Präsident betonte aber, am Ende liege die Entscheidung über das Projekt bei Deutschland.

Nord Stream 2 soll unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Trump lehnt die Pipeline ab, an der die Bundesregierung aber festhält. Die USA versuchen selbst, ihr im Überfluss vorhandenes Gas in Europa zu verkaufen.

Trump machte keine Angaben dazu, gegen wen etwaige Sanktionen gerichtet sein könnten. Die US-Senatoren Ted Cruz und Jeanne Shaheen hatten im Mai einen parteiübergreifenden Gesetzesentwurf in den Senat eingebracht, der Sanktionen gegen die Betreiber jener Schiffe vorsieht, mit denen die Gas-Pipeline im Meer verlegt wird.

Die Bundesregierung reagierte mit demonstrativer Gelassenheit. «Nichts davon ist neu», sagte Außenminister Heiko Maas in Berlin. Die Haltung der USA zu Nord Stream 2 sei bekannt und Washington kenne auch die Haltung Deutschlands. Und zur Truppenverlegung: Man werde das «aufmerksam verfolgen».