Das Europäische Parlament hat jetzt einen Auswertungsbericht nach einem Jahr Strategischer Kompass für die EU veröffentlicht. Symbolfoto: picture alliance / ZB | Z6944 Sascha Steinach

Das Europäische Parlament hat jetzt einen Auswertungsbericht nach einem Jahr Strategischer Kompass für die EU veröffentlicht. Symbolfoto: picture alliance / ZB | Z6944 Sascha Steinach

24.03.2023
Von Anja Silbe

Ein Jahr Strategischer Kompass: Die wichtigsten Punkte des Auswertungsberichts

Am 22. März hat das Europäische Parlament einen Auswertungsbericht nach einem Jahr Strategischer Kompass für die EU veröffentlicht. Dieser Aktionsplan soll die Sicherheits- und Verteidigungspolitik stärken und die EU besser auf Bedrohungen vorbereiten. Der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, gab darin einen Überblick über die Fortschritte.

Der Bericht startet mit den positiven Beispielen der vergangenen Monate, die vor allem die geleistete Hilfe für die Ukraine im Kampf gegen die russische Aggression beinhaltet. So werden insgesamt bis Ende 2023 rund 30.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in der EU innerhalb der EUMAM-Mission ausgebildet. Auch Deutschland nimmt großen Anteil, zum Beispiel mit der Spezialausbildung von Panzerbesatzungen. Der Strategische Kompass habe die Einheit und Solidarität der EU weiter gefestigt und dafür gesorgt, dass diese gut aufgestellt ist, ihre Werte und Interessen zu beschützen, hieß es.

Die EU stärke ihre Partnerschaften: Die dritte gemeinsame NATO-EU-Erklärung zeigte, dass beide Seiten weiterhin eng zusammenarbeiten wollen. Mit den Bündnispartnern führe die EU verschiedene Missionen durch, um für den Ernstfall von Gefahren im Cyberraum, von hybriden oder Weltraumbedrohungen gewappnet zu sein. Diese Übungen sollen regelmäßig fortgesetzt werden. Zusätzlich wurde Anfang März die erste EU-Weltraumstrategie und die aktualisierte Maritime Sicherheitsstrategie veröffentlicht.

EU will kritische Infrastruktur besser schützen

Die EU hat ihre Beobachtungen zu hybriden Taktiken von Aggressoren, wie der Instrumentalisierung von Lebensmitteln oder Energie gegen die EU, ausgewertet und will ihre kritische Infrastruktur besser schützen. Dazu gibt es seit Januar 2023 ein überarbeitetes Netzwerk der Informationssicherheit. Der Europäische Auswärtige Dienst richtete außerdem ein Krisenreaktionszentrum im Juli 2022 ein.

Am 21. März fand das Schuman-Forum statt, bei dem gleichgesinnte Partner innerhalb der EU einen Dialog über die gemeinsamen Sicherheitsherausforderungen geführt haben. Der Austausch und die Öffnung gegenüber Akteuren ermöglicht tiefere Zusammenarbeit.

Der Bericht besteht neben den konkreten Ergebnissen des vergangenen Jahres zu großen Teilen aus Absichtsbekundungen für die Zukunft:

  • So zum Beispiel das Ziel, zivile Missionen in der Welt zu stärken, besonders in Armenien, Niger und dem Golf von Guinea. Dazu startet im Mai 2023 die neue „Civilian CSDP Compact“, die zivile Missionen effektiver macht.
  • Die Europäische Friedensfazilität soll auf mehr Regionen in Afrika oder dem Westbalkan ausgeweitet werden.
  • Die schnellen Einsatzgruppen und EU Battlegroups werden überarbeitet, um in Krisen schneller zu reagieren.
  • Kommando- und Kontrollstrukturen werden überarbeitet, sodass es bis 2025 eine militärische Planungs- und Durchführungseinheit gibt.
  • In den kommenden Monaten wird ein Vorschlag zur Stärkung der „Single Intelligence Analysis Capacity“ vorgestellt werden. Inhalte sollen unter anderem eine Konfliktprävention, Frühwarnsysteme und verbesserte strategische Voraussicht sein.
  • Im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) sind über 60 Projekte umgesetzt worden und ab Mai 2023 sollen weitere starten.
  • Der Frauenanteil in allen Funktionen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist zwar angestiegen, aber noch lange nicht in seinem gewünschten Prozentbereich.

Insgesamt zeigt der Bericht, dass in vielen Bereichen Verbesserungen für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union vorgenommen wurden. Die Politik und die Mitgliedsländer sind in höchster Alarmbereitschaft durch den russischen Angriffskrieg. Das habe auch die Verteidigungsausgaben steigen lassen; trotzdem liege die EU unter ihren selbst gesteckten Zielen und müsse hier aufholen. Denn alle formulierten Ziele können nur dann umgesetzt werden, wenn genügend militärisches Personal vorhanden und dieses gut ausgestattet ist – das braucht Investitionen. Es braucht außerdem Handlungswillen, denn ein reines Bekunden von Absichten reicht nicht aus: Die EU muss konkrete Maßnahmen ergreifen, um weiterhin ein ernst zu nehmender Akteur auf der Weltbühne zu sein.

Welche Folgen hat der Auswertungsbericht für Mitglieder des Deutschen BundeswehrVerbandes?

Für unsere Mitglieder ändert der Auswertungsbericht erstmal nicht ihren Berufsalltag: Es wird dauern, bis die Forderungen und Pläne umgesetzt werden und auch Deutschland europäische Erwartungen in konkrete Maßnahmen umwandelt. Sollten diese ehrgeizigen Ziele realisiert werden, sind einmal Soldatinnen und Soldaten auf europäischen Missionen betroffen. Dort würden sich Strukturen verschlanken und Krisenreaktionen schneller erfolgen. Die genauen Aufgaben der Missionen, wie der maritimen, werden sich durch das überarbeitete Profil der Maritimstrategie anpassen. Zum anderen ändert sich auch für Personen der Bundeswehr im Inland die Arbeitsweise durch neue Projekte der PESCO und dem Fokus auf Krisenprävention im Heimatland. Für alle Beschäftigten werden hybride Bedrohungen, Gefahren aus dem Cyber- und Weltraum an Bedeutung gewinnen.

Der Bericht kann hier nachvollzogen werden.

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