30.09.2020
DBwV Rechtsabteilung, Ref. R5

Öffnung von Briefwahlunterlagen durch den örtlichen Wahlvorstand

Das Wohl der Menschen in der Bundeswehr ist das oberste Ziel aller Mandatsträger im Deutschen BundeswehrVerband (DBwV). Zum Schutz dieser Mandatsträger, vor allen dann, wenn die Ursache in der Untätigkeit anderer liegt, erfolgt hier eine sachliche Aufarbeitung. Den es geht um die Durchführung von Personalratswahlen und die Öffnung von Briefwahlunterlagen durch einen örtlichen Wahlvorstand entgegen den Vorgaben des Hauptwahlvorstand beim Bundesministerium der Verteidigung.

Juristisch geklärt

Mit Beschluss des Verwaltungsgericht Köln (VG Köln) vom 22. Mai. 2020 (33 L 927/20.PVB) im Wege einer einstweiligen Verfügung gab das Gericht auf Antrag des Hauptwahlvorstands, dem im Verfahren beteiligten örtlichen Wahlvorstand („juristisch“ Beteiligter) unter anderem auf, die Freiumschläge zur schriftlichen Stimmabgabe bei der Wahl des Hauptpersonalrats beim Bundesministerium der Verteidigung nicht vor dem 11. November 2020 zu öffnen. Mit weiterem Beschluss vom 19. Juni 2020 (33 L 960/20.PVB) entschied das selbe Gericht, nachdem der Beteiligte trotz entsprechender Anordnung die Öffnung der Freiumschläge vornahm, dass eine gerichtliche Entscheidung im Wege der einstweiligen Verfügung über die Gültigkeit bereits abgegebener Wählerstimmen während eines laufenden Wahlverfahrens ausgeschlossen ist.

Der Sachverhalt

Mit Wahlausschreiben vom 6. Februar 2020 setzte der Hauptwahlvorstand den Termin zur Stimmabgabe für die Wahl des Hauptpersonalrats (HPR) beim Bundesministerium der Verteidigung für die Zeit vom 27. bis 29. April 2020 fest. Der Beteiligte setzte mit taggleichem Wahlausschreiben die Wahltage für den örtlichen Personalrat (ÖPR) ebenfalls auf den 27. bis 29. April 2020 fest und versandte in der Folgezeit die Unterlagen zur schriftlichen Stimmabgabe für die ÖPR- und HPR-Wahlen an die Wahlberechtigten in seinem Zuständigkeitsbereich.

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen der SARS-CoV-2-Pandemie und zur Sicherstellung der Durchführung der Personalratswahlen, erfuhren das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) sowie die Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVWO) Änderungen durch den Gesetzgeber, in deren Folge Sonderregelungen für die Personalratswahlen 2020 mit Wirkung zum 1. März 2020 in Kraft traten. Ausweislich des in diesem Zusammenhang eingeführten § 19a BPersVWO kann der Wahlvorstand unter anderem die (ergänzende) schriftliche Stimmabgabe anordnen und einen neuen Termin für die Stimmabgabe bestimmen. Von dieser Möglichkeit machte der Hauptwahlvorstand Gebrauch und bestimmte mit ergänzendem Wahlausscheiben vom 16. April 2020 den neuen Zeitpunkt für die Durchführung der Wahlen auf den Zeitraum vom 10. bis 11. November 2020; in Großdienststellen ergänzend auch am 9. November 2020. Ferner ordnete er die ergänzende Briefwahl an.

Von der Weisung des Hauptwahlvorstands abweichend, legte der Beteiligte für die Wahl des örtlichen Personalrats mit ergänzendem Wahlausschreiben einen neuen Wahltermin für den 27. Mai 2020 fest und ordnete die ausschließliche Briefwahl an. Weiter kündigte er die Öffnung der Freiumschläge und die Entnahme der Erklärungen für den 25. Mai 2020 an. Außerdem wurde ergänzend mitgeteilt, dass die öffentliche Stimmauszählung für die Wahlen des Hauptpersonalrats voraussichtlich am 11. November 2020 stattfinde.

Auf Antrag des Hauptwahlvorstands, der durch die Ankündigung des Beteiligten, dieser werde die Freiumschläge bereits am 25. Mai 2020 öffnen, die ordnungsgemäße Wahl des Hauptpersonalrats gefährdet sah, gab das VG Köln mit Beschluss vom 22.Mai 2020 dem Beteiligten unter anderem auf, die Freiumschläge zur schriftlichen Stimmabgabe nicht vor dem 11. November 2020 zu öffnen.

Zur Begründung führte das VG Köln aus, nach § 33 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 42 BPersVWO erfolge die Durchführung der Wahl, mithin auch die Öffnung der Freiumschläge, in den einzelnen Dienststellen sowie durch die örtlichen Wahlvorstände im Auftrag und nach den Richtlinien des Hauptwahlvorstandes. Den örtlichen Wahlvorständen obliege lediglich die technische Durchführung der Wahl im Auftrag und nach den Richtlinien des Hauptpersonalrats. Gemäß § 37 Abs. 3 Nr. 8 i.V.m. § 42 BPersVWO bestimme der Hauptwahlvorstand den Tag oder die Tage der Wahl des Hauptpersonalrats und habe diese im Wahlausschreiben bekannt zu machen. § 19a Abs. 3 BPersVWO schreibe vor, dass bereits getroffene Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung der Wahl sowie eingereichte Wahlvorschläge bis zum 31. März 2021 gültig blieben, wenn der Wahlvorstand in den Fällen des § 19a Abs. 1 und 2 BPersVWO einen neuen Zeitpunkt für die Stimmabgabe und die Auszählung der Stimmen bestimme.

Dies zugrunde gelegt, habe der Hauptwahlvorstand einen Anspruch gegen den Beteiligten darauf, dass bereits eingegangene oder bis zum Abschluss der Stimmabgabe noch eingehende Freiumschläge zur schriftlichen Stimmabgabe nicht vor dem 11. November 2020 zu öffnen seien. Die vom Beteiligten für den 25. Mai 2020 angekündigte Öffnung der Freiumschläge verstieße gegen die Vorgabe des § 18 Abs. 1 BPersVWO, nach dem die Freiumschläge erst unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe zu öffnen seien. Der durch den Hauptwahlvorstand neu bestimmte Termin für die Stimmabgabe auf den 10. und 11. November sowie in Großdienststellen zusätzlich am 9. November 2020, sei nicht nur eine bloße Empfehlung, sondern gemäß § 33 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 42 BPersVWO für alle Dienststellen verbindlich und bei der Durchführung der Wahl daher auch von dem Beteiligten zu beachten. § 19a Abs. 3 BPersVWO verleihe dem Beteiligten keine Kompetenz, für den Bereich seiner Dienststelle einen abweichenden Zeitpunkt der Stimmabgabe für die Wahl der Hauptpersonalrats festzulegen.

Es bleibt juristisch

Entgegen der Anordnung des VG Köln öffnete der Beteiligte die Freiumschläge gleichwohl am 25. Mai 2020. Die Stimmzettel zur Wahl des Hauptpersonalrats legte er in eine Wahlurne, die im Anschluss verschlossen wurde.

Am 26. Mai 2020 beantragte der Hauptwahlvorstand beim VG Köln, dem Beteiligten aufzugeben, die bereits vorliegenden Stimmzettel für die Wahl des Hauptpersonalrats für nichtig zu erklären und alle Wahlberechtigten zur Wahl der Hauptpersonalrats in seinem Zuständigkeitsbereich über die Nichtigkeit des Wahlgangs zu unterrichten, weil die Missachtung des gerichtlichen Beschlusses die in den Freiumschlägen enthaltenen Stimmzettel für die Wahl des Hauptpersonalrats unbrauchbar geworden seien, da sich die Wahlberechtigungen im maßgeblichen Zeitpunkt der Stimmabgabe nicht mehr feststellen ließen. Außerdem beantragte er dem Beteiligten aufzugeben, rechtzeitig neue Wahlunterlagen für die Wahlen des Hauptpersonalrats am 11. November 2020 zur Verfügung zu stellen und die persönliche Stimmabgabe zu ermöglichen.

In seinem Beschluss vom 19.06.2020 gelangte das VG Köln zum Ergebnis, dass eine gerichtliche Entscheidung über die Gültigkeit bereits abgegebener Wählerstimmen während eines laufenden Wahlverfahrens im vorläufigen Rechtsschutz nicht möglich sei. Und im Übrigen stehe einem örtlichen Wahlvorstand bei Wahlen zu einer Stufenvertretung nicht die Kompetenz zu, mehrere tausend bei ihm eingegangene Stimmzettel wegen eines Wahlfehlers für nichtig zu erklären. Dies sei Aufgabe des Hauptwahlvorstands. Nach § 53 Abs. 4 BPersVG sei die Wahl des Hauptpersonalrats durch die örtlichen Wahlvorstände im Auftrag des Hauptwahlvorstands durchzuführen. Dieser habe sicherzustellen, dass die Wahl zum Hauptpersonalrat im Einklang, mit dem dafür maßgeblichen formellen und materiellen Recht stattfinde.

In § 33 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 42 BPersVWO konkretisiere die Wahlordnung die Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung zwischen Hauptwahlvorstand und örtlichem Wahlvorstand dahingehend, dass der Hauptwahlvorstand die Wahl leitet.

Die Durchführung der Wahl in den einzelnen Dienststellen erfolge durch die örtlichen Wahlvorstände nur in technischer Hinsicht aber im Auftrag und nach den Richtlinien des Hauptwahlvorstands.

Als Reaktion hierauf wies der Hauptwahlvorstand die örtlichen Wahlvorstände mit ergänzendem Wahlausscheiben vom 28. Juli 2020 an, die bisher abgegebenen Stimmzettel für die Wahl zum Hauptpersonalrat, bei denen die Wahlberechtigung nicht mehr feststellbar ist, bzw. schon jetzt voraussichtlich nicht mehr feststellbar sein wird, zu vernichten, diese Vernichtung nachvollziehbar zu dokumentieren und in der Dienststelle die Wahl zum Hauptpersonalrat beim BMVg unter Berücksichtigung aller Wahlberechtigten und gemäß des Wahlausschreibens des Hauptwahlvorstandes und seiner Ergänzungen durchzuführen. Mit diesen Durchführungshinweisen ordnete der Hauptwahlvorstand überdies an, dass die eingegangenen Freiumschläge gemäß § 18 BPersVWO erst unmittelbar vor dem Ende der Stimmabgabe in einer öffentlichen Sitzung geöffnet werden dürfen.

 

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