Im Gespräch: Die Politiker Dr. Katja Leikert (CDU/CSU, v. l.), Andrej Hunko (Die Linke), Moderatorin Dr. Jana Puglierin, Michael Link (FDP), Christian Petry (SPD) und Claudia Müller (Bündnis 90/Die Grüne). Foto: DBwV/Vieth

Im Gespräch: Die Politiker Dr. Katja Leikert (CDU/CSU, v. l.), Andrej Hunko (Die Linke), Moderatorin Dr. Jana Puglierin, Michael Link (FDP), Christian Petry (SPD) und Claudia Müller (Bündnis 90/Die Grüne). Foto: DBwV/Vieth

09.05.2019
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„Europa in die Herzen der Menschen bringen“

Berlin. Ob es den Euro in fünf Jahren noch geben wird, bejahen die Fraktionsvertreter bei der europapolitischen Veranstaltung im Haus der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) mit Blick auf die Wahl am 26. Mai. Dass die Europäische Union (EU) nicht zu groß ist, sondern noch wachsen kann, darin waren sich auch alle einig. Allerdings unter Berücksichtigung einer genauen Überprüfung der Beitrittskandidaten auf Rechtsstaatlichkeit und einer individuellen Entscheidung über die Aufnahme. Zu Differenzen kommt es bei den Politikern von CDU/CSU, SPD, Linke, Grüne und FDP aber schon bei dem Begriff Schicksalswahl und vor allem bei dem Thema Sicherheits- und Außenpolitik. Die Fraktionsvertreter stellten sich den Fragen von Moderatorin Dr. Jana Puglierin, Leiterin des Alfred-von-Oppenheim-Zentrums für Europäische Zukunftsfragen der DGAP, und denen des Publikums.

Für die CDU/CSU nehme das Thema Außen- und Verteidigungspolitik „einen extrem großen Raum“ ein, versichert Dr. Katja Leikert (stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion). Man müsse auf europäischer Ebene zusammenarbeiten, um sich gegenseitig zu unterstützen und zu stärken. Die europäische Verteidigungsgemeinschaft werde schon lange gedacht, „aber eben nur gedacht“, kritisiert die Christdemokratin. Es seien auch Bedrohungen aus dem asiatischen Raum, von Russland und Amerika zu beherzigen.

Linke üben Kritik an PESCO

„Die Antwort auf ´America first` kann aber nicht ´Europe first` lauten“, mahnt Andrej Hunko (Europapolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke), der auch Kritik an der EU-Kooperation PESCO übt, wofür die militärischen Ausgaben jährlich steigen sollen. Für ihn sei das ganz klar ein Aufrüstungsprogramm. Den europäischen Verteidigungsfonds sehe seine Partei zudem als vertragswidrig. Und die Vorstellung, dass Militäreinsätze per Mehrheitsentscheid beschlossen werden, hält Hunko für fragwürdig und befürchtet dadurch Tendenzen der Desintegration. Er wünscht sich hingegen mehr Zusammenhalt: „Wir müssen mehr auf Diskurse eingehen. Langfristig wird die EU nur eine Zukunft haben, wenn sie auch sozialen Zusammenhalt garantieren kann.“ Der Mehrheitsentscheid wird beispielsweise von der FDP insbesondere im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik gefordert, um sie zu stärken, militärische Fähigkeiten aufzubauen und einsatzfähig zu sein.

Den Begriff „Schicksalswahl“ betrachtet Hunko allerdings als „völlig überhöht“. Jede Wahl sei wichtig. Diese werde nur besonders diskutiert, weil rechtsradikale Parteien stärker würden. Ein Problem sieht er aber mehr in der geringen Wahlbeteiligung. Diese würde vor allem bei den sozial benachteiligten Wählern zurückgehen, es sei ein „trauriger Trend der letzten Jahrzehnte“.

„Wir haben es nicht mehr mit informierten Bürgern zu tun“

Die vergangene Wahl habe lediglich eine Beteiligung von unter 50 Prozent gehabt, erinnert sich Claudia Müller (Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der EU für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) und hofft darauf, dass am 26. Mai mehr Bürger ihr Kreuz auf den Stimmzettel setzen. Für sie sei jede Wahl eine Schicksalswahl. Um mehr Bürger zu erreichen, müssen die Wähler erst einmal mobilisiert werden. Vor allem junge Leute zu erreichen, sieht Leikert als Herausforderung. Die Bundestagsabgeordnete habe in ihrem Wahlkreis Hanau die Erfahrung gemacht, dass vor allem Jugendliche sich nicht über Zeitungen, sondern nur sporadisch beispielsweise über soziale Netzwerke informieren. „Wir haben es nicht mehr mit informierten Bürgern zu tun“, bedauert sie und betont: „Zwei bis drei Stichworte führen nachher zur Wahlentscheidung, das wird noch zu einem großen Problem.“

Dass Jugendliche über andere Themen erreicht werden müssen als die ältere Generation, dafür plädiert Christian Petry (Europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion). „Die Älteren kennen Grenzen noch, die jungen Menschen nicht mehr. Der jungen Bevölkerung müssen wir mehr bieten, wie Digitalisierung und Umweltschutz.“ Europa mit dem Herzen erfahrbar machen und in die Herzen der Menschen bringen, das sei die Aufgabe der deutschen Politik, so Petry, der die bevorstehende Wahl als richtungsweisend sieht.

Gemeinschaft statt Alleingang

Michael Link (Europapolitischer Sprecher der FDP-Fraktion) sieht Deutschland, das größte Land der 28 Staaten umfassenden EU, noch bei anderen Themen in der Pflicht, unter anderem in puncto Nato. „Deutschland profitiert, ist aber nicht bereit, sich selbst mehr zu engagieren“, übt Link Kritik an dem Vorgehen der Bundesregierung.

Deutschland dürfe auch nicht den Blick auf die kleineren Länder verlieren, betont Claudia Müller. Soziale Angleichung weltweit, Außenpolitik sowie Fortschritte im Bereich Klimaschutz stehen für ihre Partei ganz oben auf der Agenda. Um die Ziele zu erreichen, sei die Gemeinschaft von großer Bedeutung: „Als Deutschland alleine können wir das nicht mehr. Das können wir nur gemeinsam als EU.“

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