Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern: Hans Junge, freiwillig Wehrdienstleistender, nimmt an einem Fitness-Test teil. Die Bundeswehr will die körperliche Leistungsfähigkeit mit einer neuen Grundausbildung steigern. Foto: dpa

Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern: Hans Junge, freiwillig Wehrdienstleistender, nimmt an einem Fitness-Test teil. Die Bundeswehr will die körperliche Leistungsfähigkeit mit einer neuen Grundausbildung steigern. Foto: dpa

19.07.2018
Carsten Hoffmann, dpa

Fitness first - Bundeswehr testet neue Grundausbildung

Bei Übungen kollabierte Soldaten, zu viele Abbrecher - die Bundeswehr hat ein Ausbildungsproblem. Sie setzt deshalb künftig auf deutlich mehr Sport in der Grundausbildung. Die Generation Smartphone kommt ins Schwitzen.

Hagenow. Das Deutsche Heer stellt die Grundausbildung um: Mit einer deutlichen Erhöhung des Sportanteils um fast 60 Prozent soll der Schwerpunkt künftig auf die Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit gelegt werden. Bis zum Sommer nächsten Jahres solle die neue Art der Grundausbildung eingeführt werden, sagte der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Jörg Vollmer, am 18. Juli bei der Vorstellung eines Pilotprojektes in Hagenow in Mecklenburg-Vorpommern.

"Wir müssen die jungen Menschen da abholen, wo sie stehen", sagt er. Er sei verantwortlich dafür, die Soldaten des Heeres so auszubilden, dass sie im Gefecht bestehen. Es bringe nichts zu diskutieren, ob die Jugend früher fitter gewesen sei. "Wer einmal zu uns gekommen ist, den wollen wir halten", betonte Vollmer.

Eine über die Jahre schlechter gewordene Leistungsfähigkeit der jungen Männer und Frauen lasse sich nicht auf dem Papier belegen. Der subjektive Eindruck sei aber so, sagte ein Ausbilder. Probleme mit physischer Überforderung haben zuletzt auch mehrfach Schlagzeilen gemacht. Im Januar war ein Rekrut bei einem Geländelauf im baden-württembergischen Pfullendorf bewusstlos zusammengebrochen, mehrere weitere Rekruten mussten das Training abbrechen. Schon nach dem Tod eines Offiziersanwärters bei einem Marsch im Munster im Juli 2017 hatte die Bundeswehr eine Überprüfung der Ausbildung der Soldaten angekündigt.

Schauplatz Hagenow: In der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne des Panzergrenadierbataillons 401 sind Rekruten in der siebten Woche der neuen Grundausbildung zum Basisfitnesstest angetreten. Dunkelblaue Sporthose, hellblaue T-Shirts. Die Soldaten werden an drei Aufgaben gemessen. Beim Pendelsprint müssen sie aus der Liegeposition von einer Matte um ein Hindernis zurück zur Matte rennen, sich hinlegen, die Hände auf dem Rücken abklatschen. Fünf Durchgänge gegen die Uhr. Auch beim Klimmhang an der Stange und beim 1000-Meter-Lauf läuft die Zeit. Die Ergebnisse werden auf das Alter bezogen und nach Geschlechtern getrennt ausgewertet.

Die neue Grundausbildung ist nun in zwei Blöcke von je sechs Wochen unterteilt. In den ersten sechs Wochen steht die Sportausbildung in drei Leistungsstufen im Fokus. Ein Diplomsportlehrer hat die 46 Rekruten in Hagenow fit gemacht. Sportlehrer der Bundeswehr haben das Projekt begleitet.

Für das Training gibt es Konzepte wie aus dem Fitnessstudio, die die Kraftausdauer verbessern sollen. Gerätschaften dafür werden in einem "Beaverfit Container" bereitgehalten: Gewichte an Tauen, Hindernisse zum Überspringen, auch ein Traktorreifen, der von je zwei Mann in Kniebeugen gehoben wird. An einer weiteren Station wird in Uniform und in der 13 Kilo schweren ballistischen Schutzweste trainiert. Ein Hitzestress-Messgerät soll die klimatischen Verhältnisse anzeigen und Überlastungen verhindern.

Die Soldaten berichten von deutlichen Leistungssteigerungen in den vergangenen Wochen. Beispiel 1000-Meter-Lauf. "Ich habe mich in der Zeit von 3,58 Minuten auf 3,27 verbessert", sagt Hans Junge (19). Aufgeben komme nicht infrage. "Man gewöhnt sich an die Belastung und die Toleranzgrenze ist jetzt ziemlich hoch."

Das Pilotprojekt wertet der Kommandeur des Panzergrenadierbataillons 401, Oberstleutnant Alexander B. Radzko, als den richtigen Weg. Bei allen Rekruten habe es eine deutliche Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit gegeben. Es gebe weniger Krankmeldungen und - vielleicht am wichtigsten - nach den ersten 48 Stunden sei kein Rekrut mehr abgesprungen. Um mehr Zeit für den Sport zu haben, seien andere Ausbildungsinhalte gestrichen worden - etwa die Ausbildung an der Pistole, die nun nach der Grundausbildung nachgeholt werde.

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