25.03.2019
Carsten Hoffmann, dpa

Bundesrechnungshof legt Mängelliste zur «Gorch Fock»-Sanierung vor

Der Bundesrechnungshof schickt dem Verteidigungsministerium ein Aufgabenheft zur «Gorch Fock»: Unabhängige Gutachten, die Rückforderung gezahlter Gelder und eine Notbremse bei weiteren Kostensteigerungen. In dem Fall soll ein Neubau geprüft werden.

Berlin - Der Bundesrechnungshof fordert umfangreiche Konsequenzen aus dem Finanzdesaster bei der Sanierung des Segelschulschiffs «Gorch Fock». Um Kostenexplosionen zu vermeiden, sollten künftig «Abbruchkriterien» definiert werden, heißt es in einem vertraulichen Abschlussbericht, den die Prüfer am Freitag (22. März 2019) dem Bundestag und den Ministerien für Verteidigung und Finanzen übermittelten. Sie empfehlen eine unabhängige Qualitätsprüfung der bisherigen Arbeiten durch Experten, die nicht der Bundeswehr angehören. Geprüft werden soll demnach, ob nicht weitergereichte Rabatte der Subunternehmer von der beauftragten Elsflether Werft AG zurückgefordert werden können. Die Sanierung wird von Ermittlungen wegen Korruption und Untreue überschattet.

Der 1958 in zwei Monaten gebaute Dreimaster liegt seit 2016 in einem Trockendock in Bremerhaven, wo er von der im nahen Elsfleth ansässigen Werft repariert wird. Die Arbeiten haben inzwischen die Dimension eines Neubaus. Es gab dabei eine Kostenexplosion von 10 auf bis zu 135 Millionen Euro, wovon bisher 69 Millionen Euro bezahlt wurden. In einer Vereinbarung mit der Werft ist nun vorgesehen, dass das Schiff zunächst für weitere 11 Millionen Euro bis zum Sommer schwimmfähig werden soll. Danach soll die Dreimast-Bark für maximal 48 Millionen Euro wieder hochseetauglich gemacht werden. Als Obergrenze wurden 128 Millionen Euro für die Arbeiten vereinbart. Weitere 7 Millionen sind für Fremdleistungen wie Ausrüstungsgegenstände eingeplant.

Der Bundesrechnungshof bekräftigt in dem der dpa vorliegenden 55 Seiten umfassenden Bericht Kritik, wonach frühere Arbeiten nicht ausreichend dokumentiert gewesen seien. «Damit fehlte die Basis für die Planung einer neuen Instandsetzung.» Die Bundeswehr habe gleichwohl die Arbeiten begonnen, bevor die Feststellung der Mängel abgeschlossen gewesen sei.

Zudem seien Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aus ihrem Haus zwei Mal sogenannte Leitungsvorlagen mit nicht zutreffenden oder fehlerbehafteten Aussagen vorlegt worden, auch zur Verlässlichkeit finanzieller Schätzungen. Die Ministerin gab dann grünes Licht für eine Fortsetzung der Sanierung. Besonders bei älteren Schiffen rät der Bundesrechnungshof nun dringend, die Feststellung der Schäden und die Instandsetzung soweit möglich voneinander zu trennen. Im Fall der «Gorch Fock» solle zudem bei einer weiteren Kostensteigerung erneut ein Neubau geprüft werden.

Schlamperei oder Nachlässigkeit gab es dem Bericht zufolge über einen langen Zeitraum. Ein Beispiel: 2010 hätten das Marineamt und das damalige Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (Koblenz) Bleigewichte nicht ausreichend isolieren lassen. Deswegen seien erhebliche Korrosionsschäden entstanden, die in der Folge dann auch noch übersehen worden seien - wegen unvollständiger Überprüfung.

Die Prüfer kritisieren auch, dass die Marinesoldaten der «Gorch Fock» seit mehr als drei Jahren auf einem Wohnschiff neben dem zerlegten Schiff untergebracht sind, obwohl «nur wenige Angehörige der Besatzung aktiv am Instandhaltungsvorhaben mitwirken». «Mit Blick auf den großen Personalmangel auf schwimmenden Einheiten der Marine empfiehlt der Bundesrechnungshof zu prüfen, inwieweit gerade bei längeren Instandhaltungsmaßnahmen die Anzahl der Besatzungsangehörigen während der Werftliegezeiten auf ein Minimum begrenzt werden kann», heißt es dazu in dem Bericht.

Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte am Freitag: «Die massive Kostenexplosion bei der Instandsetzung der «Gorch Fock» ist das Ergebnis von Organisationsversagen und einer überforderten Verteidigungsministerin.» Der Bundestag müsse über das weitere Vorgehen entscheiden können und das Verteidigungsministerium dafür alle notwendigen Informationen auf den Tisch legen. Das Ministerium habe die Kosten durch Organisationsversagen, mangelhaften Wissenstransfer, unzureichende Prüfung eines Neubaus und einen übereilten Beginn der Instandsetzung «in ungeahnte Höhen getrieben».