Annegret Kramp-Karrenbauer will über einen Dienst an der Gesellschaft diskutieren lassen Foto: dpa

Annegret Kramp-Karrenbauer will über einen Dienst an der Gesellschaft diskutieren lassen Foto: dpa

07.12.2018
Annegret Kramp-Karrenbauer

Äußere Sicherheit und Gemeinsinn heute: Die CDU und ihr neues Grundsatzprogramm

Der DBwV pflegt ein enges Verhältnis zu allen demokratischen Parteien. Wir wollen konstruktiv gestalten und unsere Stimme erheben, wenn es notwendig ist. Im Sinne eines fairen und produktiven Meinungsaustausches lassen wir deshalb immer wieder auch Prominente aus Gesellschaft und Politik zu Wort kommen - als Interview, Kommentar oder als Gastbeitrag.

Anlässlich der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur neuen Parteivorsitzenden der CDU zeigen wir gerne noch einmal einen Beitrag, den die 56-Jährige noch in ihrer Funktion als Generalsekretärin für uns verfasst hat. Wir gratulieren Frau Kramp-Karrenbauer außerdem ganz herzlich zu ihrem Erfolg und setzen auf eine vertrauensvolle und gute Zusammenarbeit!

von Annegret Kramp-Karrenbauer, Vorsitzende der CDU Deutschlands

Die Welt ist aus den Fugen geraten. Die Stabilität Deutschlands und Europas sind bedroht. Der Brexit, die Wahl von US-Präsident Trump und populistische Regierungen in Polen, Ungarn und Italien sind Ausdruck der Vertrauenskrise der liberalen, westlichen Demokratien. Auch in Deutschland wird die Stabilität unsere Demokratie durch den Einzug von Rechtspopulisten in den Deutschen Bundestag in Frage gestellt.

Aber auch die äußere Sicherheitslage unseres Landes hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Die EU und die NATO sind in der Krise. Russland und China sehen sich als Gegenmächte zu den freiheitlichen Demokratien und praktizieren eine Großmachtpolitik wie vor dem Ersten Weltkrieg. Russland annektierte völkerrechtswidrig die Krim und unterstützt die Separatisten im Osten der Ukraine mit militärischen Mitteln. Russland verletzt damit die gemeinsame, europäische Friedensordnung, die OSZE-Charta von Paris  von 1990.

Für uns als CDU war die äußere Sicherheit von Anfang an Teil der politischen DNA. Unser freiheitliches, christliches Bild vom Menschen ließ uns mit Engagement für die Westbindung unseres Landes, die europäische Einigung und die transatlantische Partnerschaft, eintreten. Daran knüpfen wir nun auch im 21. Jahrhundert an. Eine neue, gefährliche Sicherheitslage erfordert eine veränderte Sicherheitspolitik.

Die CDU-geführte Bundesregierung setzte sich erfolgreich für eine Rückversicherung unserer östlichen NATO-Verbündeten und die Stärkung der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU ein. Sie blieb dabei im ständigen Kontakt mit der russischen Führung, um den Konflikt in der Ukraine zumindest einzuhegen und mit ihr weiter an der Lösung von Konflikten wie in Syrien oder dem Iran zu arbeiten.

Für die Bundeswehr bedeutet die neue Sicherheitslage die Notwendigkeit, die Landes- und Bündnisverteidigung wieder zu stärken. Die Bundesregierung leitete Trendwenden bei Personal, Ausrüstung und Finanzen ein. Nun kommt es darauf an, diese Trendwenden in den nächsten Jahren zu verstetigen. Dies ist nicht nur im Hinblick auf den Zusammenhalt der NATO von Bedeutung, sondern auch eine wichtige Überzeugungsaufgabe in unserer Gesellschaft.In diesen Zeiten des Umbruchs hat die CDU beschlossen, ein neues Grundsatzprogramm zu erarbeiten.

Auch in unserer Partei sind die Bindungskräfte in den letzten Jahren schwächer geworden, die Zahl unserer Mitglieder, Anhänger und Wähler zurückgegangen. Wir wollen uns der Grundlagen unserer Politik vergewissern. Wir wollen ausbuchstabieren,  wie die Leitlinien unserer Politik für die zwanziger Jahre aussehen sollen.

Als neugewählte Generalsekretärin wollte ich mit den Mitgliedern unserer Partei darüber ins Gespräch kommen. Von April bis September 2018 war ich unterwegs im ganzen Land. In rund 50 Veranstaltungen ging es mir darum, zuzuhören: Welche Themen liegen den CDU-Mitgliedern besonders am Herzen? Fast 5000 Mitglieder haben sich beteiligt und mir Fragen, Anregungen und Ideen für das neue Grundsatzprogramm mit auf den Weg gegeben.Im Anschluss an die Zuhör-Tour wurden alle Anliegen zusammengetragen, ausgewertet, nach Schwerpunkten geordnet und in Leitfragen für das neue Grundsatzprogramm zusammengefasst.

Das Ergebnis sind zwölf Leitfragen mit jeweils zwölf Unterfragen. Diese Leitfragen wurden am 15. Oktober 2018 im CDU-Bundesvorstand als Antrag für den Parteitag am 7./8. Dezember 2018 in Hamburg beschlossen.Sobald die Leitfragen vom Parteitag beschlossen sind, werden wir in der CDU gemeinsam unsere Antworten darauf entwickeln. Die Mitglieder, Parteigliederungen und Vereinigungen können bis zum 30. Juni 2019 Vorschläge für Antworten auf die Leitfragen und Unterfragen machen.

Ziel ist es, dass die gesamte Partei Antwortideen diskutiert und debattiert.Parallel zu dieser Diskussionsphase nehmen im Frühjahr 2019 die Bundesfachausschüsse und Netzwerke ihre Arbeit auf. Sie debattieren ebenfalls Antwortvorschläge zu den mit ihrem Aufgabengebiet zusammenhängenden Leitfragen.

Im zweiten Halbjahr 2019 werden die vielen Antwortvorschläge auf die Leitfragen in Programmklausuren mit dem CDU-Bundesvorstand und den Bundesfachausschüssen diskutiert. In öffentlichen Programmdebatten suchen wir darüber hinaus das Gespräch mit externen Experten, um insbesondere strittige Punkte aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu diskutieren.

Ende 2019 werden die Ergebnisse aller Diskussionen in einem ersten Entwurf des Grundsatzprogramms zusammengeführt. Mit dem Programmentwurf aus der Diskussionsphase geht es 2020 in die Entscheidungsphase. Ich werde erneut im ganzen Land unterwegs sein: Diesmal auf Antwort-Tour. Mit den Verbänden vor Ort, den Mitgliedern und Vereinigungen wird der Entwurf des Grundsatzprogramms gemeinsam beraten. Es geht darum, einzelne Abschnitte und Kapitel des Programmentwurfs zu präzisieren und strittige Passagen offen und kontrovers zu besprechen.Gleichzeitig werden wir als CDU auch 2020 das Gespräch mit vielen Menschen außerhalb der Partei suchen, mit Experten, Praktikern und auch Vertretern anderer Parteien.

Wir werden dafür Debatten-Arenen durchführen, bei denen der Austausch von Argumenten zu unterschiedlichen Auffassungen im Vordergrund steht. Ganz zum Abschluss des gemeinsamen Wegs entscheidet Ende 2020 ein Parteitag über das neue Grundsatzprogramm.Während meiner Zuhör-Tour ist ein Thema in fast allen Diskussionen aufgetaucht: der Dienst an unserer Gesellschaft. Darum habe ich mich im Sommer dieses Jahres entschieden, mit diesem Thema in die Öffentlichkeit zu gehen.

Es geht mir darum, wie wir den Gemeinsinn in unserem Land stärken können, indem wir neue Möglichkeiten schaffen und bestehende Möglichkeiten stärken, sich in den Dienst unserer Gesellschaft zu stellen.Bereits die aktuelle Debatte zeigt, dass es eine Vielzahl an Meinungen und Argumenten zu diesen Vorschlägen gibt. Genau das soll auch der Prozess zur Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogramms der CDU leisten: lebhafte Diskussionen, gemeinsames Ringen – und das Ganze breit und vielfältig. Die Vorschläge zur Dienstpflicht, Wehrpflicht, Freiwilligendienste oder mehr bürgerliches Engagement gehen weit über ganz konkrete Fragen hinaus.

Für viele Mitglieder der CDU bringt sie zum Ausdruck, worum es den Anhängern der christlich-demokratischen Mitte im Herzen wirklich geht: Es ist ein zutiefst bürgerlicher Gedanke, seinem Land und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen. Das Verhältnis zwischen Bürger und Staat ist geprägt von Rechten und Pflichten. Und der Einzelne steht in der Verantwortung, sich einzubringen im Sinne des Gemeinwohls. Diese Haltung ist bei Christdemokraten besonders ausgeprägt, denn wir denken immer Freiheit und Verantwortung zusammen.

Aus diesem Grund werden wir uns im Rahmen des Grundsatzprogrammprozesses mit diesem Thema beschäftigen. Dabei geht es nicht um die Wiedereinführung der alten Wehrpflicht, die der heutigen Sicherheitslage nicht gerecht würde. Vielmehr wollen wir verschiedene Aspekte gemeinsam diskutieren, die zu einer Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts führen können. Es kann am Ende des Tages auch ein Ergebnis unserer Diskussion sein, dass wir feststellen, dass wir mit einem verpflichtenden Dienst in Deutschland nicht weiterkommen. In diesem Fall müssen wir verstärkt über die Freiwilligendienste und das Ehrenamt diskutieren – insbesondere über Anreize und Fördermittel für Menschen, die sich freiwillig und mit großem Engagement in den Dienst unserer Gesellschaft stellen.

Und es geht uns auch um die Würdigung und Anerkennung derjenigen, die Deutschland dienen und dafür mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit eintreten. Wir, die CDU, werden auch in Zukunft für die äußere Sicherheit unseres Landes eintreten und werden der Bundeswehr und ihren Soldaten die Mittel an die Hand geben, die nötig sind, um ihren wichtigen, gefährlichen und verantwortungsvollen Auftrag erfüllen zu können.

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