Detlef Buch (l.) und Hartmut Schönmeyer während des Interviews am Rande der 20. Hauptversammlung des DBwV in Berlin Foto: DBwV/Scheurer

Detlef Buch (l.) und Hartmut Schönmeyer während des Interviews am Rande der 20. Hauptversammlung des DBwV in Berlin Foto: DBwV/Scheurer

04.12.2017

„Ich könnte mir derzeit kein spannenderes Mandat vorstellen“

Als Vorsitzender Fachbereich Besoldung, Haushalt und Laufbahnrecht war Stabshauptmann a.D. Hartmut Schönmeyer an vielen DBwV-Erfolgen der vergangenen Jahre direkt beteiligt. Nun übergab er den Staffelstab an seinen Nachfolger, Oberstleutnant i.G. Detlef Buch. Im Interview sprechen die beiden über die besonderen Herausforderungen dieses Mandats.

Die Bundeswehr: Herr Schönmeyer, Sie sind seit mehr als 30 Jahren als Mandatsträger für den DBwV tätig und setzten sich seit 2009 als Fachbereichsvorsitzender Besoldung, Haushalt und Laufbahnrecht für die Interessen unserer Mitglieder ein. Wie haben Sie insbesondere die vergangenen acht Jahre empfunden?

Hartmut Schönmeyer: Ich habe mich nicht erst ab 2009 in dem damals neu geschaffenen Mandat für die Belange unserer Mitglieder im Bereich Besoldung, Haushalt und Laufbahnrecht eingesetzt. Schon als stellvertretender Vorsitzender Luftwaffe hatte ich von 1993 bis 1997 im Vorstand Luftwaffe die Aufgabe, mich um Besoldung und Dienstrecht zu kümmern. Ab 1997, als ich Vorsitzender Luftwaffe wurde, kam zu den beiden Aufgabenbereichen noch der Haushalt hinzu.

Die letzten acht Jahre waren eine verbandspolitische Achterbahnfahrt. Mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz von 2009 sind besoldungsrechtliche und dienstrechtliche Veränderungen eingetreten. Zudem musste eine Flexibilisierung der Zurruhesetzung für Berufssoldaten hingenommen werden, um die besonderen Altersgrenzen allgemein behalten zu können. In diese Phase hinein platzte dann der politisch gewollte nächste Abbauschritt auf 170.000 Soldatinnen und Soldaten im Kernbestand. Das daraus resultierende Reformbegleitgesetz haben wir genutzt, um Anreize für die Menschen zu schaffen, diesen Abbauprozess positiv mitzugestalten.

Mit der Abkehr von der Wehrpflichtigen- hin zu einer reinen Freiwilligenarmee, einhergehend mit der demografischen Entwicklung in diesem Lande, hat das BMVg gemerkt, dass es auf dem Markt für Talente an einer kleiner werdenden Torte deutlich schwieriger geworden ist, die richtigen Stücke für sich gewinnen zu können. Die erkannte Notwendigkeit zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr ist dann in 2015 mit dem Artikelgesetz umgesetzt worden. Es sind aber weitestgehend Nachholbedarfe der Statusgruppe der Soldaten umgesetzt worden. Mit dem 7. Besoldungsänderungsgesetz, den erneuten Verbesserungen im Rahmen der 11. Änderung der Erschwerniszulagenverordnung sowie dem Versorgungsrücklagenänderungsgesetz, mit dem das Wahlrecht zwischen Umzugskostenvergütung und Trennungsgeldbezug gesetzlich festgelegt worden ist, sind weitere positive Veränderungen umgesetzt worden.

Herr Buch, Sie wechselten nun vom Vorstand Luftwaffe in diesen Fachbereich. Wo haben Sie 2009 Dienst geleistet, als Ihr Vorgänger Fachbereichsvorsitzender wurde? Hatten Sie damals schon über eine Zukunft im Verband nachgedacht?

Detlef Buch: Im Jahr 2009 war ich in der Politikberatung tätig, bei einem Forschungs- und Beratungsinstitut, das zum Bundeskanzleramt gehört. Während dieser Zeit wurde ich auch in den Betriebsrat gewählt – für einen Offizier ein ganz besonderes Mandat, ist doch eher die Arbeit als Personalrat nach Bundespersonalvertretungsgesetz und nicht nach Betriebsverfassungsgesetz für uns die Regel. Damals ist nach vielen einschneidenden Erlebnissen mit der Hausleitung meine Entscheidung gereift, mich in einer Interessenvertretung zu engagieren. Dabei kam für mich immer nur der DBwV in Frage. Gleichzeitig hatte ich die Möglichkeit, gemeinsam mit dem ehemaligen Bundesvorsitzenden Oberst Ulrich Kirsch ein Buch zur Zukunft der Wehrpflicht zu veröffentlichen. Der Verband rückte immer näher an mich heran und ich an ihn, was letztlich 2013 zu meiner Wahl in den Bundesvorstand führte.

Herr Schönmeyer, während eines Großteils Ih­rer Zeit im Bundesvorstand waren die Zulagen nicht erhöht worden. Fast auf der Zielgeraden hat der Verband – auch dank Ihres unermüdlichen Wirkens – mit dem Artikelgesetz und dem Attraktivitätssteigerungsgesetz eine Zulagenerhöhung durchgesetzt. Warum hat das so lange gedauert?

Schönmeyer: Weil reine Verwaltungsbeamte regelmäßig weder Stellen- noch Erschwerniszulagen beziehen? Das wäre die einfachste Art, es zu erklären, würde aber diesen Menschen nicht gerecht werden. Neben den Soldaten gibt es natürlich auch Beamte im technischen Dienst, beispielsweise in den wehrtechnischen Dienststellen der Bundeswehr. Zusätzlich stehen als Zulagenbezieher auch die Kollegen der Bundespolizei und des Zolls zur Debatte.

Mit dem Wegfall der Ruhegehaltfähigkeit der Stellenzulagen durch das Versorgungsreformgesetz von 1999 hat man in den anderen Ressorts eine stufenweise Verbesserung in der strukturellen Dienstpostenausstattung vorgenommen. Eine höhere Grundalimentation führt auch zu höheren ruhegehaltfähigen Dienstbezügen. Im Bereich der Soldaten ist das bei Weitem nicht in dem Maße umgesetzt worden. Strukturelle Verbesserungen hat es bei den Soldaten zwar auch gegeben, so im Rahmen des 6. Besoldungsänderungsgesetzes von 2001. In der Zeit zwischen 2001 und 2016 ist dies aber von den Soldaten so nicht wahrgenommen worden, weil sich der Kreis der Begünstigten durch weitere Reduzierungen der Streitkräfte verringert hat. Im Zuge der Trendwende Personal wird daran zu arbeiten sein.

Wie haben Sie das Thema Zulagen als Soldat empfunden, Herr Buch? Waren Sie persönlich betroffen?

Buch: Ich war insgesamt zehn Jahre als Teileinheitsführer, Kompaniechef und stellvertretender Bataillonskommandeur tätig. Während dieser Zeit war ich fast täglich mit diesen Fragen konfrontiert und unter anderem im Rahmen der „Außendienstzulage“ auch persönlich betroffen. Ich konnte den Frust meiner Kameraden nur allzu gut nachvollziehen und bin sehr froh, dass mein Vorgänger letztlich bei den Erschwernis- und Stellenzulagen so erfolgreich war. Das hat die Bundeswehr gebraucht. Aber: Auch hier muss es weitergehen, beispielsweise in Richtung „Dynamisierung“ und „Ruhegehaltfähigkeit“ von Zulagen.

Herr Schönmeyer, was zählen Sie zu Ihren größten Erfolgen, auch in den anderen Gebieten Ihres Fachbereichs?

Schönmeyer: Es geht hier nicht um meine Erfolge. Stets ist mir das Wir-Gefühl wichtig gewesen, das Ganze vor meinen Teilen zu sehen, den Verband nach vorne zu bringen, um die berechtigten Interessen seiner Mitglieder wirkungsvoll vertreten zu können. Dabei war das größte Ereignis für den DBwV im Jahr 2006 zu verbuchen. Hier wurden die föderalen Strukturen in Deutschland per Grundgesetzänderung neu bewertet – plötzlich war der Bund nur noch für das Personal des Bundes zuständig. Die Bundesländer bekamen eigene Gesetzgebungskompetenzen für das Personal im Bereich des Dienstrechts, der Versorgung und Besoldung.

Damit erlangte der DBwV für seine Mitglieder auf der Bundesebene die Gleichbehandlung mit den Dachverbänden DBB und DGB und somit den Start einer neuen Wertschätzung. Durch sein Wirken hat der DBwV seine Seriosität unter Beweis gestellt und ist gestärkt worden. Er ist ein anerkannter Gesprächspartner im BMVg, in anderen Ministerien und natürlich in der Politik, weil er nicht nur die Probleme beschreibt und beklagt, sondern regelmäßig auch Vorschläge zur Abhilfe unterbreitet.

Wie haben Sie die Widerstände vonseiten der Politik und Bundeswehrführung ausgeräumt und bei welchem Thema haben Sie am meisten Nerven gelassen?

Schönmeyer: Nun könnte ich mich auf die Position „Betriebsgeheimnis“ zurückziehen, mache ich aber nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man geradlinig, offen, ehrlich und selbstbewusst die Dinge ansprechen muss. Wenn es dann noch gelingt, Seriosität zu vermitteln und Betroffenheit zu erzeugen, ohne Monsterszenarien und Weltuntergänge zu bemühen, dann kann einem vieles gelingen. Wichtig ist dabei aber, dass man zu dem steht, was man vertritt, man muss also davon überzeugt sein.

Herr Buch, was spornt Sie an, diesen Fachbe­reich zu übernehmen?

Buch: Seit vielen Jahren sind das Personal und dessen soziale und rechtliche Absicherung meine Themen. Zunächst als Vorgesetzter, dann als Betriebsrat, anschließend wissenschaftlich und nun seit vier Jahren beim DBwV. Als studierter Sozialpolitiker habe ich quasi einen „guten Verwendungsaufbau“ durchlaufen, um für dieses Mandat vorbereitet zu sein. Dieser Fachbereich bewegt die Themen der Bundeswehr: UKV/TG, Altersgrenzen und Arbeitszeit sind die Themen der Stunde. Ich könnte mir derzeit kein spannenderes und herausfordernderes Mandat vorstellen.

Welcher Themen beziehungsweise Probleme wollen Sie sich dabei zunächst annehmen?

Buch: Nun, wir stehen an der Schwelle zu einem neuen Artikelgesetz sowie zu einem neuen Besoldungsänderungsgesetz. Gleichzeitig werden die Stimmen aus Richtung des BMVg immer lauter, die jahrzehntelange Praxis der Zurruhesetzung unserer Berufssoldaten mit der besonderen Altersgrenze aufzuweichen. Somit sind bereits drei Aufgabenpakete klar umrissen. Dabei wird es mir gleich zu Beginn darauf ankommen, dem BMVg deutlich zu machen, dass wir längst nicht die Phase der Freiwilligkeit überwunden haben.

Mich erreichen fast täglich Anfragen von Soldaten aller Statusgruppen und aller TSK/OrgBereiche, die gerne beim Arbeitgeber Bundeswehr bleiben wollen, denen diese Möglichkeit jedoch verwehrt wird. Solange diese Praxis nicht geändert wird, sind für mich die Altersgrenzen tabu. Erst wenn niemand mehr freiwillig länger bleiben will, sollte dieses Thema für alle neuen Berufssoldaten – nicht für unsere Bestands-Berufssoldaten – angepackt werden. Dazu stehe ich!

Gleichzeitig wird sich der DBwV hinsichtlich der Verpflichtungen von Mannschaften zu Berufssoldaten positionieren. Ich halte diese Möglichkeit, in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zu wechseln, für einen großen sozialen Fortschritt. Wenn die Bundeswehr Mannschaften zum SaZ 25 macht und ohne Versorgungsbezüge wieder gehen lässt, sollte es tatsächlich für einen kleinen Anteil der Mannschaften möglich sein, als Berufssoldat mit flexibler Altersgrenze zu bleiben. Das Geld ist da, die Arbeit ist da, die Leistung stimmt – wieso sollte jemand zwanghaft entlassen werden? Darüber werden wir reden müssen.

Herr Schönmeyer, was möchten Sie Ihrem Nach­folger mit auf den Weg geben?

Schönmeyer: In meinem beruflichen Leben habe ich gelernt, in Konflikten zu bestehen, aber geprägt durch meinen dienstlichen Werdegang und meine Aufgabengebiete den Umgang mit den Mitteln der Verhältnismäßigkeit und den Stufen der Eskalation gelebt. Ich bin mir sicher, dass mein Nachfolger auch so denkt. Ich wünsche ihm Kontinuität im Wirken und Beharrlichkeit in der Sache in einer sich immer schneller verändernden Welt und stets das notwendige Quäntchen Glück zur Findung der richtigen Entscheidung, und das bei unerschütterlicher Gesundheit. Bei allen Vorgesetzten, Kameraden und Freunden, die mich auf meinem Weg unterstützt und begleitet haben, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken.

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