14.06.2019
dpa

Erdogan: S-400-Kauf «abgeschlossener Deal» - Kritik aus Deutschland

Jetzt ist es bestätigt: Die Türkei hat das Raketenabwehrsystem S-400 von Russland schon gekauft - gegen den erklärten Willen der USA. Ankara ist empört über Reaktionen aus Washington. Und in Deutschland gibt es Sorgen, dass der Streit der Nato-Partner das Bündnis schwächt.

Berlin/Istanbul. Der CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt hat scharf kritisiert, dass das Nato-Land Türkei ein russisches Raketenabwehrsystem gekauft hat. Die Waffenlieferung schwäche die Nato, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag SWR Aktuell am Donnerstag (13. Juni). «Dass die Türkei und die USA offensichtlich einen Streit über die Frage der Luftabwehr haben, muss in Brüssel im Nato-Rat diskutiert werden. Es schwächt die Nato, wenn einzelne Partner miteinander einen solchen Konflikt haben.»

Am späten Mittwochabend hatte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einer Veranstaltung seiner Partei AKP in Ankara gesagt, dass die Türkei den Kauf der S-400 bereits abgeschlossen habe. «Ich sage nicht, dass die Türkei das S-400-System kaufen will, sondern wir haben es bereits gekauft», sagte Erdogan. Damit dürfte sich der Streit mit den USA rund um das Programm des US-Kampfjets F-35 weiter verschärfen.

Washington befürchtet, dass Russland über ihre in der Türkei installierte Raketenabwehr an Daten über die Fähigkeiten der neuen F-35-Tarnkappenflugzeuge gelangen könnte. Die werden vom US-Rüstungskonzern Lockheed Martin produziert. Die Türkei ist Partner beim Bau der F-35 und soll außerdem selber viele Jets bekommen.

Erste Lieferungen der S-400 an die Türkei soll es schon im Juli geben. Die USAdrohender Türkei schon seit längerem mit Sanktionen, sollte das Geschäft zustandekommen. In einem in der Vorwoche veröffentlichten Schreiben hatte der geschäftsführende US-Verteidigungsministers Patrick Shanahan seinen türkischen Kollegen Hulusi Akar über geplante Schritte zum Ausschluss der Türkei aus dem F-35-Programm ab Ende Juli informiert.

Außenminister Mevlüt Cavusoglu kritisierte den Brief am Donnerstag. Mit solchen Schreiben sei die Türkei nicht von ihren Entscheidungen abzubringen, sagte er während einer Pressekonferenz mit seinem französischen Amtskollegen Jean-Yves Le Drian in Ankara. «Den Inhalt und den Ton dieses Briefes, auch wenn wir ihn nicht Ultimatum nennen, akzeptieren wir nicht.»

Verteidigungsminister Hulusi Akar beschwerte sich direkt bei Shanahan - in einem Telefonat. In einer Mitteilung des Verteidigungsministeriums vom Donnerstag hieß es, Akar habe betont, dass der Ton des Schreibens «ungebührlich» gewesen sei. Am Mittwoch hatte Akar gesagt, der Ausschluss aus dem Programm widerspreche dem «Geist des Bündnisses» zwischen den beiden Ländern. Der Türkei zufolge werden Akar und Shanahan Ende Juni bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel zusammenkommen.

CDU-Außenpolitiker Hardt teilt die Befürchtung der USA. Es wäre katastrophal, wenn Russland durch die S-400 geheime Daten über moderne Nato-Kampfflugzeuge bekommen würde, sagte er. Der russische Präsident Wladimir Putin versuche derzeit alles, um die westlichen Bündnisse wie Nato und EU auseinanderzubringen. «Und das ist ihm möglicherweise mit diesem Rüstungsdeal gelungen.»

Hardt kritisierte Erdogan scharf: «Es zeigt, dass der türkische Präsident in seiner selbstherrlichen und eigenmächtigen Art und Weise die Türkei in erhebliche Schwierigkeiten bringt. Denn dass die Nato die Türkei schützt und dass die Türkei Teil der Nato ist, ist für die türkischen Bürger extrem wichtig.»