05.01.2016

Mehr Zivilpersonal wird benötigt

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

die Aufgaben, die die Bundeswehr zu bewältigen hat, werden nicht weniger. Im Gegenteil, in den letzten Monaten kamen zusätzliche Aufgaben hinzu: Erweiterung des Mali-Einsatzes, längerer Verbleib der Bundeswehr in Afghanistan, der Einsatz in Syrien ist neu hinzugekommen und in der Heimat die Unterstützung bei der Flüchtlingshilfe. Bei den Auslandseinsätzen sind in erster Linie unsere militärischen Kameradinnen und Kameraden betroffen, in der Heimatbasis für die Einsatzunterstützung sehr wohl auch Zivilbeschäftigte. Bei der Unterstützung in der Flüchtlingshilfe arbeiten militärische und zivile Kräfte der Bundeswehr Seite an Seite, ein Umstand, der in der Öffentlichkeit von den Verantwortlichen im BMVg – einschließlich unserer Ministerin – leider nicht publik gemacht wird.

Der Bundesvorsitzende hat nicht ohne Grund nach dem Beschluss des Bundestags zum Syrieneinsatz einen Mehrbedarf von 5.000 bis 10.000 Soldatinnen und Soldaten gefordert. Wie sieht es dabei beim Zivilpersonal aus? Noch immer befinden wir uns im zivilen Bereich im Personalabbau. Um die 60.000 aktiven Zivilbeschäftigten zählt man derzeit noch, 56.000 sollen es bis Ende 2017 werden. Der ursprüngliche Zielumfang von 55.000 zivilen Kräften war eine vom früheren Minister de Maizière festgelegte politische Größe, ohne dass ihr eine aufgabenbezogene Berechnung unterlag. Experten gingen zu Beginn der Neuausrichtung der Bundeswehr von einem Bedarfsumfang von 62.000 aus.

Das Verhältnis Zivilpersonal zum militärischen Personal wird in 2017 ca. 1:3,3 betragen, gegenüber 2,5 in 1990. Zum Vergleich: In den USA beträgt das Verhältnis zwischen 1:1,1 und 1:1,5. Der überproportionale Abbau des Zivilpersonals verbunden mit seiner Überalterung aufgrund des jahrelangen Einstellungsstopps und der weiter fortschreitenden Aufgabenverdichtung hat Folgen. Insbesondere gesundheitliche Folgen.

Burn-out nimmt sehr bedenklich an Häufigkeit zu und darf bei diesen Umständen nicht einfach nur als Modekrankheit abgetan werden. Jedoch drücken sich Stress und Arbeitsüberlastung nicht nur in Burn-out aus, sondern auch in unzähligen anderen Krankheiten. Auch ein gut gemeintes und grundsätzlich notwendiges betriebliches Gesundheitsmanagement wird hierbei nicht viel entgegenwirken können. Zudem werden aus verschiedenen Bereichen der Bundeswehr die Rufe nach zusätzlichem Zivilpersonal lauter, so zum Beispiel unter anderem aus der Bundeswehrfeuerwehr und neuerdings auch aus der Personalführung.

Allem voran steht die überfällige Aufgabenkritik für den Einsatz des Zivilpersonals in der Bundeswehr – nicht nur weil es im aktuellen Koalitionsvertrag steht. Sie wird immer lauter gefordert, zuletzt auf der Fachtagung Zivile Beschäftigte des DBwV und von den Parlamentariern im Verteidigungsausschuss. Sollte sich im Ergebnis bei einer durchgeführten Aufgabenkritik der zu Beginn der Neuausrichtung von Experten geäußerte Bedarf in Höhe von 62.000 Zivilbeschäftigten bewahrheiten, dann würde das Verhältnis Zivilpersonal zum militärischen Personal ca. 1:3 betragen.

Dabei sind die in jüngster Zeit neu hinzugekommenen Aufgaben wie Flüchtlingshilfe, Syrieneinsatz und verstärkter Malieinsatz noch zu berücksichtigen, sodass der Bedarf an zivilem Personal noch einiges höher ausfallen dürfte. Legt man das Verhältnis 1:3 zugrunde, müssten bei einem möglichen Zuwachs von 5.000 bis 10.000 Soldatinnen und Soldaten nochmals zusätzlich 1.500 bis 3.000 Zivilbeschäftigte eingestellt werden. Dieser Zuwachs wäre insbesondere durch einen erhöhten Bedarf an Beschaffung und Wartung von militärischem Gerät in der Heimat sowie zusätzlichem Personalverwaltungsaufwand begründet. Unter dem Strich könnte der Umfang des Zivilpersonals auf 63.500 bis 65.000 anwachsen.

Eine Forderung an einem konkreten Mehrbedarf an zivilem Personal zum jetzigen Zeitpunkt wäre noch verfrüht. Zusammen mit dem Weißbuchprozess muss die Aufgabenkritik erfolgen. Wir müssen wissen, welche Fähigkeiten die Bundeswehr der Zukunft behalten, verstärken oder hinzugewinnen soll. Daran ist die Personalstärke – sowohl militärisch aber eben auch zivil – auszurichten. Dabei dürfte ein Zuwachs beim Zivilpersonal sehr wahrscheinlich sein. Allerdings wäre es mit der Schaffung zusätzlicher ziviler Dienstposten allein nicht getan. Sie müssten dann mit Menschen besetzt werden, die auf dem externen Arbeitsmarkt gewonnen werden müssen. Und dazu bedarf es ein Mehr an Attraktivität. Entsprechende Forderungen hat bekanntermaßen der DBwV an die Politik und an das Ministerium bereits gestellt.


Mit herzlichen Grüßen

Ihr
Klaus-H. Scharf
Vorsitzender Fachbereich Zivile Beschäftigte