„Ich wollte machen, was wirklich zählt“, sagt Patrick Hattenberg. Foto: DBwV/Frank Jungbluth

„Ich wollte machen, was wirklich zählt“, sagt Patrick Hattenberg. Foto: DBwV/Frank Jungbluth

19.02.2023
Von Frank Jungbluth

"Kameradschaft ist der größte Schatz, den wir in der Truppe haben"

Patrick Hattenberg ist Truppenpsychologe bei der Panzergrenadierbrigade 41 in Neubrandenburg. Vor zehn Jahren verließ er als Obergefreiter der Reserve die Truppe, jetzt ist er als Major der Reserve im Auslandseinsatz, wie kürzlich in Litauen.

Für ihn war es keine Frage, zu dienen: Als sich der Abiturient Patrick Hattenberg vor mehr als zehn Jahren entschied, zur Bundeswehr zu gehen, hatte der Deutsche Bundestag ein Jahr zuvor beschlossen, die Wehrpflicht 55 Jahre nach ihrer Einführung aussetzen. „Ich wollte andere Wege gehen und ich war damit der erste Mann unserer Familie, der sich für die Truppe entschieden hat. Weder mein Vater noch meine Großväter haben Uniform getragen.”

Patrick Hattenberg verpflichtete sich für elf Monate. Die Grundausbildung absolviert er beim Transportbataillon 165 in Delmenhorst, seine Stammeinheit wird das Logistikbattaillon 162 in der Boostedter Rantzau-Kaserne. „Es war keine leichte Zeit, weil klar war, dass der Standort aufgelöst wurde. Das hat bei den Kameraden dort tiefe Spuren hinterlassen. Für mich war der weitere Weg mit dem Studium der Psychologie in Kiel vorgezeichnet, aber am Standort gab es hunderte Soldaten, die nicht wussten, wie es weitergeht.”

„Ich wollte machen, was wirklich zählt“

Patrick Hattenberg ist nach seiner Dienstzeit noch klarer, dass er nach dem Studium Truppenpsychologe werden will. 2018 absolviert er sein Diplom, arbeitet in der Personalabteilung eines Unternehmens. „Das war eine seelenlose Arbeit, ich wollte aber machen, was wirklich zählt, deshalb wollte ich zurück zur Bundeswehr.” 2019 kehrt er zur Truppe zurück, kommt zur Panzergrenadierbrigade 41 nach Neubrandenburg. Für den Norddeutschen Patrick Hattenberg ein Glück, dass er eine Verwendung nahe der Oststee findet. Er wird als Zivilangestellter eingestellt, aber wenn er in den Einsatz geht, ist er Major Hattenberg. „Plötzlich war ich dann Stabsoffizier. Aber es ist mir wichtig, dass alle Anliegen von jeder Dienstgradgruppe Gehör bei mir finden. Ich bilde mir auf meinen Dienstgrad nichts ein.”

Hattenberg sagt, die Kenntnis der verschiedenen Welten in den Dienstgradgruppen habe ihm neue Perspektiven eröffnet. „Ich erlebe auch in der Beratung alle Kameraden, vom Gefreiten bis zum General”, sagt er. 2015 lernt er seine spätere Frau kennen, geheiratet haben die beiden 2020, der gemeinsame Sohn kommt im Herbst 2021 auf die Welt. Als der Säugling fünf Monate alt ist, beginnt Hattenbergs einsatzgleiche Verwendung an der Ostflanke der NATO bei der eFP Battle Group in Rukla. In Litauen vertrauen die Menschen der Bundeswehr und den Verbündeten, die hier unweit des Kriegsgeschehens in der Ukraine in ständiger Angst vor einem russischen Angriff leben. Litauen war zu Zeiten der Sowjetunion russisch besetzt. Die Grenze zu Weißrussland ist 130 Kilometer entfernt, bis zum Kriegsgebiet in der Ukraine sind es gut 400 Kilometer.

Seit dem Angriff der russischen Armee auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ändert sich der Auftrag des Truppenpsychologen Patrick Hattenberg. Er ist noch gefragter als schon zuvor. Es geht viel um Kameradschaft in dieser Zeit. „Diese Gemeinschaft in der Truppe wirkt und schafft alles”, sagt der Major. „Alles, was unsere Organisation, die Bundeswehr in diesen Zeiten schafft, ist immer auch durch die Kameradschaft bedingt”, ist Hattenberg überzeugt. Wie nimmt man die Sorgen der Soldatinnen und Soldaten auf, wie kann man helfen, unterstützen und beraten? „Es geht viel ums Zuhören. Da war weniger Angst bei der Truppe, als eine gewisse Spannung spürbar. Es gab viele Führungsberatungen. Es ging nun viel darum, als Rotation psychisch fit, stabil und widerstandsfähig zu sein.

„Kein normaler Beruf, vor allem eine Berufung”

Es sind anstrengende Monate in Litauen nach der Zeitenwende. 1600 Männer und Frauen dienen in der multinationalen Battle Group, die vom 10. Februar bis zum 13. August 2022 unter dem Kommando von Oberstleutnant Daniel Andrä stand. Fast täglich spricht Patrick Hattenberg während dieser Monate mit seiner Frau, sieht seinen kleinen Sohn auf dem Bildschirm seines Handys. Aber die Verbindung zwischen Vater und Sohn reißt ab in dieser Zeit. Papa ist zu weit weg, so kann er keine Bezugsperson sein. Resilienz, die eigene Widerstandskraft, sie hilft dem Truppenpsychologen selbst wie seinen Kameradinnen und Kameraden, die er betreut.

Sprechen, sagt er, ist entscheidend in schwierigen Situationen des Lebens. Dann ist der Reservist Patrick Hattenberg schnell wieder bei der Kameradschaft, denn sie ist das Band der Gespräche zwischen ihm und den anderen Soldaten. Um sich jeden Tag zu vergegenwärtigen, wofür er seine Arbeit macht, trägt Patrick Hattenberg in Litauen eine winzige Babysocke in seiner Uniform. Er schreibt derzeit ein Kinderbuch über die Zeit der Trennung und den Abriss der Verbindung zwischen Vater und Sohn. Es hat einen Titel wie eine Funkverbindung: „Papa, Papa. Kommen, kommen.“


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