09.07.2024
dpa

Lindner und Buschmann gegen Wehrdienstmodell von Pistorius

Berlin. Das von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vorgelegte Modell für eine neue Art von Wehrdienst wird vom Koalitionspartner FDP strikt abgelehnt. Finanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann begrüßen in einem Schreiben an den Verteidigungsminister zwar die von ihm angestoßene Debatte zur Steigerung der Wehrfähigkeit. Eine allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht halten sie aber aus finanziellen, volkswirtschaftlichen und rechtlichen Gründen für nicht realistisch. Stattdessen setzen die beiden FDP-Politiker auf eine Attraktivitätssteigerung des Soldatenberufes und eine stärkere Rolle der Reserve.

Über das Schreiben von Lindner und Buschmann an Pistorius hatte zuerst «Welt» berichtet. Es liegt auch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.

FDP sieht keine gesellschaftliche Akzeptanz

«Uns eint das Ziel, die Bundeswehr zu einer der modernsten und schlagkräftigsten Armeen zu machen», heißt es in dem Brief. «Dieses Ziel können und werden wir nur mit der entsprechenden gesellschaftlichen Akzeptanz erreichen. Dies schließt die Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht bzw. Dienstpflicht nach unserer Auffassung aus.»

Hohe Kosten für neuen Wehrdienst befürchtet

Die beiden FDP-Minister weisen darauf hin, dass für eine neue allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht Strukturen aufgebaut werden müssten, was ein «langwieriger und extrem kostenintensiver Prozess» wäre.

Auch könnte eine neue Wehr- oder Dienstpflicht zu erheblichen volkswirtschaftlichen Verlusten führen, wie das Ifo-Institut in einer Kurzexpertise für das Bundesfinanzministerium ermittelt habe. «Allein die jährliche Verpflichtung eines Viertels einer Alterskohorte im Rahmen einer Wehr- oder Dienstpflicht, also von ca. 195.000 Personen würde nach den Berechnungen des Ifo-Instituts zu einem Rückgang des Bruttonationaleinkommens um 17,1 Milliarden Euro führen.»

Auch rechtliche Bedenken

Lindner und Buschmann halten es zwar für eine «Maßnahme vorausschauender Klugheit», eine Bestandsaufnahme der Menschen in Deutschland vorzunehmen, die im Verteidigungsfall eingezogen werden könnten. «Eine darüber hinausgehende Verpflichtung von kleinen Teilen eines Jahrgangs, sich mustern zu lassen oder gar einen Wehrdienst abzuleisten, würde aber unvermeidliche Fragen der Wehrgerechtigkeit aufwerfen», schreiben sie. Zudem stelle dies für die Betroffenen einen tiefen Einschnitt in ihre Freiheit und persönliche Lebensplanung dar.

Um die Personalprobleme der Bundeswehr zu beheben, setzen die beiden FDP-Politiker stattdessen darauf, die Streitkräfte zu einem «noch attraktiveren Arbeitgeber zu machen». Außerdem solle die Rolle von Reservistinnen und Reservisten gestärkt werden. Diese müssten stärker in die Strukturen der Bundeswehr eingebunden werden, weil es sich bei ihnen um die Praktiker und Profis handele, die die Truppe dringend benötige.